Wer je
nach Rom gefahren oder geflogen ist, der weiß, dass er neben einem
prallen Portemonnaie auch einen sehr langen Geduldsfaden mitbringen
muss, denn wie bekannt ist, pflegt der typische Italiener seine nicht
mediterranen Nachbarn mit ausgesuchter Herzlichkeit und einem prallen
Vergnügungsprogramm zu unterhalten und stolz seine Kultur zu
präsentieren.
Es geht
auch sofort nach der Ankunft los: Nach einer filmreifen Landung mit
der etwas älteren Alitalia-Maschine küssen wir, nachdem wir
pflichtschuldig dem Piloten für seine Arbeit, uns nicht getötet zu
haben, applaudiert haben, ganz papstgemäss den italienischen
Mutterboden aus Dankbarkeit. Und nehmen gleich, nachdem wir am
römischen Flughafen Fiumicino angekommen sind, an dem typisch
italienischen und heiteren Ratespiel „finde den Koffer“ teil, bei
dem sich das Flughafenpersonal den Spaß macht, zuerst ein falsches
Gepäckband anzugeben, dann mit den Reisenden ein Riesen-Palaver zu
veranstalten und schließlich das Gepäck mit einstündiger
Verspätung auf einem völlig anderen Band dann doch herauszurücken.
Du bist nassgeschwitzt, müde, entnervt und Du merkst: Du bist in
Italien.
Nachdem
wir mit einem lebensmüden Taxifahrer, der selbstbewusst weiß, dass
Ampeln und sonstige Verkehrsvorschriften lediglich Beweischarakter
für die Schuldfrage haben, falls es doch einmal kracht, in kürzester
Zeit die Strecke vom Flughafen zum – nennen wir es freundlich –
pittoresken Hotel in der Innenstadt zurückgelegt und bei Antonio,
dem offensichtlich griechischen Rezeptionisten, eingecheckt haben,
machen wir uns auch schon von unserem Hotel in der Via del Tritone
auf zum ersten touristischen Höhepunkt, der sogenannten „Spanischen
Treppe“.
Wir
gehen hierzu die Via Zucchelli, benannt nach dem ersten Italienier,
der sich beim Klauen hat schnappen lassen, ganz nach oben bis zu dem
Stand, an dem es sehr günstige originale Dolce&Gabana-
Sonnenbrillen mit Echtheits-Garantie so um die 5,- € gibt, rüsten
die komplette Familie aus und folgen dem Straßenverlauf, vorbei an
der hübschen kleinen Kirche „Santa Maria in vino veritas“, bis
wir am Ende der Via Sistina auf ein Baugerüst treffen. Das ist die
berühmte Spanische Treppe, an deren oberen Ende die hübsche kleine
Kirche „Maria in menstruatione“ steht und in deren Mitte sich ein
Obelisk befindet, den die Römer irgendeinem Volk geklaut haben, als
es gerade nicht hinsah.
Apropos
Römer: Die Bevölkerung Roms selbst setzt sich im August ja aus 80%
Touristen (davon 97% aus Asien), 10% Kneipenbesitzen, 8%
Taschendieben, 1% Polizisten und einem weiteren Prozent „Sonstigen“
zusammen, da sich die Römer cleverer Weise während der heißen
Monate ans Meer verdrücken und erst im Januar zurückkehren.
Wir
laufen die Spanische Treppe hinab, vorbei an erschöpften
chinesischen Reisegruppen, die ihre Portemonnaies suchen, bis wir
unten auf dem Piazza Alberto Spagna treffen, der sich trotz der
umliegenden Modeläden mit seinen handgefertigten Batiktüchern aus
100% Kinderarbeit hervorragend über Wasser hält. Wir wenden uns
nach rechts, vorbei an dem Baugerüst, das die hübsche kleine Kirche
„Maria in spaghetti bolognese“ umhüllt, weswegen wir auch das
von dem eher nicht berühmten italienischen Bildhauer Pescatore
Avanti gestaltete Eingangsfresko nicht sehen können, bis wir bei
einem algerischen Feinkostladen unsere erste typisch italienische
Mahlzeit zu uns nehmen. Um 40,- € ärmer gehen wir dann die Straße
bis ans Ende zum Piazza del Popolo, dem „popeligen Platz“, wie er
auf Deutsch heißt, wo wir gemeinsam mit einer maßlos enttäuschten
indonesischen Reisegruppe zwei sehr hübsche eingerüstete Brunnen
bewundern können. Hier sehen wir auch das Eingangstor der alten
aurelianischen Stadtmauer, durch das eine recht enge Straße führt,
an der man heute noch die Abdrücke der vielen Außenspiegel sieht,
die sich die Römer im Laufe der Jahrzehnte dort abgerissen haben.
Wir
wenden uns nun nach links in die Via de Ripetta, die „Straße des
Rippers“, vorbei am Gerüst, das die hübsche kleine Kirche „Santa
Maria influenza“ verdeckt und folgen dem Straßenverlauf bis hin
zum Mausoleum des Augustus, der seine ewige Ruhe seit dem Zeitpunkt
nicht mehr hat, zu dem die Stadt zu seinem einst außerhalb liegenden
Grab hingekrochen ist. Dort stellen wir dann fest, dass das Mausoleum
auch als Parkhaus durchgehen könnte und wenden uns nach links in die
Via del Pontefeci, wo wir einmal mehr feststellen, dass der Satz „Wir
müssen Schlitze klopfen, um die Elektroleitungen zu verlegen“
keine Entsprechung im Italienischen hat.
Wir
laufen weiter der kantonesischen Reisegruppe nach, bis wir uns auf
der Via del Corso, der „Straße der Corsos“, nach rechts wenden,
vorbei am der hübschen, aber leider eingerüsteten Kirche „Maria
con carne“ und bis zum Piazza Colonna laufen, auf dem sich ein
etwas langweiliger eingerüsteter Brunnen und die eingerüstete Säule
des Marc Aurel befinden, auf der er die Welt über seine größten
Siege belügt.
Hier
wenden wir uns am Einkaufscenter nach links in die Via di Sabini, die
Sabinestraße, wo wir uns bei einem algerischen Straßenhändler, der
es irgendwie nach Italien geschafft hat, mit gekühltem
Leitungswasser für einen Euro die Flasche eindecken.
Weiter
geht es ganz geradeaus, am Baugerüst der hübschen kleinen Kirche
„Maria in dolce vita“ vorbei, bis wir den Piazza di Trevi
erreichen, wo wir gemeinsam mit einer japanischen Reisegruppe das
Baugerüst des weltberühmten Trevi-Brunnens bewundern. Dort nehmen
wir auch im „American Icecream-Store“ unser erstes berühmtes
italienisches Gelato oder Gelati zu uns, wofür wir 40 Öcken
ausgeben.
Wir
halten unsere Geldbeutel fest und irren hinter einer koreanischen
Reisegruppe durch das Gedränge die Via del Lavatore, die „Straße
der Toilettenhäuschen“, entlang und treten dabei nur einmal in
eine Touristenfalle mit dem Namen „Ristorante al Presidente“, wo
wir für ein paar traurige Spaghetti mit enttäuschender Sauce knapp
50 Lappen für die komplette Familie berappen. Weiter geht es die
Vicolo Scanderbeg, benannt nach der gleichnamigen SS-Division,
entlang, bis wir die Via della Dataria , die „Straße der kleinen
Wurfpfeile“ erreichen, wo wir die hübschen Eingangsfresken der
kleinen Kirche „Maria indisponenta“ bewundern könnten, wenn sie
nicht von einem Gerüst verdeckt wären.
Hier
besteigen wir mit viel Keuchen und unter halblaut gemurmelten Flüchen
die berühmte, von Michelangelo nicht gestaltete Treppe hinauf zum
Quirinal, auf dem sich ja bekanntlich der Präsidentenpalast
befindet, der aber derzeit nicht eingerüstet ist, was er mit dem
Dioskurenbrunnen gemeinsam hat. Dieser Brunnen beinhaltet natürlich
einen Obelisken, dafür wurden den beiden Dioskuren die ursprünglich
bronzenen Zügel, mit denen sie die Pferde hielten, irgendwann einmal
geklaut und dürften sich mittlerweile eingeschmolzen in
irgendwelchen Motoren osteuropäischer Bauart befinden.
Wir
bewundern den hervorragenden abendlichen Blick über die Dächer und
Baugerüste Roms, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen, denn
es wird dunkel in den Gassen Roms und das ganze Gelichter taucht
langsam auf, gegen das die italienische Polizei seit den
Barbareneinfällen machtlos ist. Wir halten noch einmal kurz beim
Spar-Markt an der Via del Traforo, der Trafo-Straße, und decken uns
mit italienischem Bier ein, mit dem wir uns hemmungslos im Hotel nach
einem anstrengenden, aber schönen Tag in der ewigen Stadt betrinken,
während uns von draußen die Polizeisirenen in den Schlaf begleiten.
Und morgen werden wir die Gerüste ums Kolosseum und die Trümmer des
Forum Romanum bewundern. Morgen ist auch noch ein Tag. Hoffentlich.