Dienstag, 30. Dezember 2014

In Maditas Küche

Ein schönes Zitat (von mir) sagt: „Ehen werden im Schlafzimmer geschlossen und in der Küche geschieden“.

Von allen Räumen in einem Haus ist die Küche der wichtigste. Hier wird gekocht, geschnippelt, gepresst, geschlagen, gerührt, püriert, gebacken, gebraten, gesotten, gepinselt, gespült, abgewaschen und abgerieben und garniert. Und manchmal passiert das sogar mit Lebensmitteln oder solchen, die man dafür hält.

In Maditas Küche gibt  es da ein Plätzchen, direkt neben der Heizung, am Fenster, in Sichtweite der Kaffeemaschine und einem Aschenbecher. Das ist mein persönlicher Lieblingsplatz und mutmaßlich nicht nur meiner. Das ist der Platz, auf dem sich jeder, der sich da niederlässt, gepflegt über seine Problemchen und Wehwehchen, seinen Liebeskummer, seine Schulnoten, seine größten Misserfolge und seine persönlichen Gefühle und Befindlichkeiten (in 3-D und Stereo und Technicolor) auslassen darf. Ein Platz, der den Beichtstuhl des Pfarrers und die Couch des Psychiaters ersetzt.

Und während ich da sitze und mich schön über die Schlechtigkeit der Welt im Allgemeinen und die Boshaftigkeit meiner nächsten Angehörigen im Besonderen und die Schönheit von Madita im Expliziten auslassen, sitzt Madita da und hört zu, analysiert, philosophiert, spült  die Sorgen, püriert persönliche Eitelkeiten, flambiert mein Ego und garniert wenig schmackhafte Wahrheiten mit ein-/zwei Esslöffeln Mitgefühl, einer Messerspitze Mitleid und einem Schuss Sarkasmus von in etwa 6000 Scoville, damit niemand ernsthaft verletzt wird, auch wenn es einem gelegentlich die Tränen in die Augen treiben kann. Aber das verleiht dem Ganzen immerhin Würze!

Ich mag mein Plätzchen bei Madita, ganz ehrlich. Es ist urgemütlich, sauber und stets gibt es auf jeden Fall einen Kaffee mit zwei Löffeln Humor und einem guten Schuss Weisheit, damit der Kaffee nicht ganz so bitter schmeckt. Im Gegenzug qualme ich ihr dann die Bude zu und beobachte, wie sich meine Gedanken im Rauch des Zigarillos auflösen.

Madita hat für jede Lage ein Patentrezept mit teilweise geheimen Zutaten aus dem Familienfundus und für jede  verkrustete  Schmutzstelle des Gewissens den passenden Schwamm mit einem Reinigungsmittel. Ich sitze da, lasse mich aus and get the flow und weiß, dass Madita bei mir ist. Ich mag das, denn es justiert mich hin und wieder und lässt mich Dinge aus anderen Perspektiven betrachten, die ich ohne Madita wohl nicht eingenommen hätte.  

Fairerweise sei aber auch gesagt, dass Madita hierfür keine Gegenleistung haben möchte, so auf gar keinen Fall. Wenn Du nämlich Cocktails mit Übermut, Frechheit und einem Arroganzgehalt von wenigstens 10% mitbringst und meinst, diese Madita unterjubeln zu müssen, dann reagiert sie empfindlich und reisst Dir mit dem scharfen Messer ihres Intellekts den Kopf ab. Ich habs probiert, schön war das nicht.

Was Du aber tun kannst, ist, Madita dann beim Abwasch zu helfen oder wenigstens ihre eigene Spülmaschine einzuräumen. Dieses Angebot nimmt sie gerne an und Du darfst dann wiederkommen. Zum Abendessen. Es gibt lange gebrodelten Problemlösungsauflauf mit Weisheitsfüllung im Speckmantel der persönlichen Eitelkeit mit Ironiehäppchen.

Ich wünsche allen meinen  Facebook-Freunden ein wunderschönes 2015 und einen immer warmen Platz in Maditas Küche.


Mittwoch, 24. Dezember 2014

Wie man einen Weihnachtsbaum aufstellt

  1. Holen Sie den Christbaumständer aus dem Keller. Vorzüglich eignen sich Ständer aus den 70er Jahren mit Schraubzwingen, es geht aber auch ein handelsüblicher Ständer aus den goldenen 90ern mit Drahtseilen
  2. Schieben Sie die Waschmaschine zur Seite, hinter die der Christbaumständer aus unerfindlichen Gründen gefallen ist.
  3. Nehmen Sie die Rohrzange aus dem Werkzeugkasten und schrauben Sie den abgerissenen Schlauch wieder an
  4. Putzen Sie das aus dem Schlauch geflossene Wasser wieder auf
  5. Nehmen Sie einen Schluck Glühwein
  6. Tragen Sie den Ständer ins Wohnzimmer
  7. Bitten Sie eine vertrauenswürdige Person, mit Ihnen den Christbaum ins Haus zu tragen
  8. Stecken Sie den Baum in den Ständer
  9. Nehmen Sie den Baum wieder aus dem Ständer, weil er nicht draufpasst
  10. Nehmen Sie einen Schluck Glühwein
  11. Spitzen Sie mit einer Feile den Stamm unten an
  12. Spitzen Sie mit einem Beil den Stamm unten an
  13. Nehmen Sie eine Säge und kürzen den Baum am Stamm, weil sie zu viel unten weg genommen haben
  14. Wiederholen Sie die Schritte 8 – 13, bis Sie die Nerven verlieren
  15. Stellen Sie den BBaum auf die Seite
  16. Nehmen Sie eine Bohrmarschien und bohren Sie eins Loch für einen 8mm Dübel in den Decke
  17. Mmachen Sie den Dregg weg, Sauerei da
  18. Stecken Ssie demn Dübel ein und schrauben Sie einen Hacken in den Dübel bisser fessitzt, das Scheissding
  19. Nemmn Sie nochn Glüwwein
  20. Suchen Ssie in der verschissenen Küche nach einer handelsüblichen Paketsschnur
  21. Räumen Sie die Küche wieder auf, Sie Ferkl
  22. Fädeln Sie die bbeiden Paketschnure in ddie Haken und an die babeiden Spitzes der Baume
  23. Nochn Schulk von dem Sseug
  24. Justieren Sie den Baum so, dass er laleicht auf dem Chrisssbaumsständer aufsetz
  25. Wenn Sie den BaBaum leicht anschubsen, sollte er nicht pendeln
  26. VON „LEICHT“ WAR DIE REDE! Aufpassen!
  27. Hhheben Sie den DRECKS-Baum wieder auf
  28. Sssum Wohl! Nürm Nürn Nümbergerchrisskindmaaktwein
  29. Rühren Sie eine Gipsmasse an NICH TRINEKN und spacheln Sie das verdamme Loch in der HÖLLENDRECKS-Degge zu
  30. Lehnen Sie dem Baum in eine Egge
  31. Noh was da? Ahja. Weg damit.
  32. Hoilen Sie den Ersatzreifens aus dem Auto
  33. Gans schön ffiel Scheiss da im Kofferraum... Räumns sies morgen weg. An Wein Nachten klaut keiner was
  34. Ers noch ein Schulk. Wohlsein!
  35. SCHMEISEBN Sie den VERKACKTEN Ersatzreifen in eine Wohnssimmeregge Ihrer Wal, Öffnun nach oben, Sie Vollfosten
  36. Schecken Sie den Res von der Tanne inn Reifn
  37. Scheisse, kein Alohol nmehr da
  38. Schleudern Ssie mit lesser Kraft Kugelns, Lametta nd die Lichter aufn Dings
  39. Fädsch
  40. Pros und fros Fass FEST

Dienstag, 23. Dezember 2014

Nachbars Rasen

Na? Schonmal drüber geguckt? Über den Zaun? Sieht gut aus, nicht wahr? Saftiges grünes Gras, in voller Kraft, wie es da aus dem Boden geschossen ist, wie sich Halme und Blätter im Wind wiegen und auffächern. Muss ein klasse fruchtbarer Boden sein, da.

Du schaust Dir Deine eigene Wiese an und denkst Dir „Ja, im Grunde ist die schon OK. Hat halt schon ein paar Jährchen gestanden, zwischendrin wächst enorm viel Klee und kleine, langweilige Gänseblümchen, vertikutiert müsste auch mal werden, viel zu viel Filz und viel zu viel Unkraut, Freiwillige vor zur Gartenarbeit“ und dann schaust Du wieder über den Zaun. Und nochmal. Und nochmal.

Du kannst es drehen und wenden, wie Die Du willst – das Gras drüben ist grüner. Es sieht so sauber aus. So neu. Du möchtest Dich einfach nur in dieses Gras fallen lassen, spüren, wie die Halme Dich kitzeln, über die Gräser streicheln und einfach mal fühlen, wie sich das anfühlt. Ob das anders ist.

Du zögerst. Schließlich ist es nicht Deine Wiese, die da gewachsen ist. Deine ist hier, auf Deiner Seite und bedarf dringend der Pflege. Auf die Du, blöderweise, irgendwie nicht so viel Lust hast. Weil es mit Arbeit und Mühe verbunden ist. Weil Du Zeit dafür lassen musst. Und weil Du die Wiese ja kennst. Du spielst kurz mit dem Gedanken, alles mit Beton zuzuschütten, um einen prima Parkplatz zu haben und damit Du künftig nur noch kehren musst, um „klar Schiff“ zu haben.

Alternativ könntest Du natürlich den kompletten Garten umgraben und statt des damals schnittigen „Loretta-Sportrasens“ („strapazierfähig, unempfindlich und für Kinder geeignet, der Rasen Ihres Vertrauens“) jetzt den geilen Rollrasen auslegen, aber wozu die Mühe? Du müsstest nur über den Zaun springen, es wirklich wollen, einfach über den Zaun und die Wiese flacken. Komm, wenn Du Dich nicht saublöd anstellst, dann bekommt es auch der Nachbar nicht mit. Und Du fühlst, wie die Halme Dich rufen: „probier uns aus, probier uns aus...“.

Dein Nachbar hat Dir mal erzählt, dass er guten Mutterboden („war ziemlich teuer, aber wer einen gepflegten Rasen will, der muss halt auch investieren“) drunter gelegt hat, während Du den dämlichen Sportrasen einfach nur auf die Erde geschmissen hast, die da war, im Vertrauen darauf, dass auch diese Samen Wurzeln schlagen. Hat ja auch funktioniert. Eine Zeit lang. Irgendwann hat Nachbars Rasen aber Deine Wiese überrundet, die Investition scheint sich gelohnt zu haben.

Da Dein Unkraut, dort drüben die Wiese.

Und dann, eines Tages, als die Verlockung zu groß wird, springst Du mit Anlauf über die Zaunbretter drüber, hurra.

Das hättest Du allerdings lieber sein gelassen, Du Idiot. Hättest Du nämlich besser hingesehen, dann wäre Dir aufgefallen, dass der Rasen nur aus Plastik ist. Eine Chimäre. Ein Traumbild. Ein Trugschluss. Das Zeug ist toxisch und Du hast Brandblasen von der Reibungshitze. Die Gräser sind nicht mehr weich, sondern Du liegst auf stacheligen Plastikhalmen. Dein Nachbar hat Dich reingelegt. In seine Wiese. Im wahrsten Sinne des Wortes. Blöd.

Du würdest natürlich gerne jetzt wieder zurück auf Deine Seite des Zaunes. Aber der ist plötzlich zu hoch geworden. No way back. Das hast Du beim Springen nicht bedacht, nicht wahr? Du dachtest, Du könntest zwischen hier und da einfach wechseln, wie in einer Drehtür. Nur wäre es intelligent gewesen, vorher eine einzubauen. Hast Du im Eifer des Gefechts vergessen. Schade jetzt.

Jetzt hockst Du wie der Depp auf dem falschen Rasen und mit etwas Glück erwischt Dich wenigstens der Nachbar nicht.

Du siehst in die andere Richtung. Da ist auch eine Wiese. Sieht optisch nicht so schön wie der Plastikrasen aus, wirkt aber wenigstens natürlich. Ist Dir vorher nie aufgefallen, Du warst zu sehr mit Deiner Nachbarwiese beschäftigt.

Nochmal springen? Nochmal probieren? Alles ist besser als der stachelige Plastikrasen. Kann nur besser sein. Du nimmst einen weiteren Anlauf, einen weiteren Sprung und stehst bis zu den Knöcheln in Hundescheiße. Herzlichen Glückwunsch. Du drehst Dich um und siehe da – wie durch Zauberhand wurde aus Deinem ungepflegten Stück Rasen mit dem vielen Klee und den langweiligen Gänseblümchen plötzlich die schönste Blumenwiese der Welt. Anscheinend lag es nur an Dir und der fehlenden Distanz, Du Depp.

Hättest Du mal vorher genau hingesehen. Und vielleicht doch einfach nur mal vertikutiert. 

Sonntag, 21. Dezember 2014

Geist schlägt Materie?

Geist schlägt Materie?

Wir hatten von der Firma aus Weihnachtsfeier, was in meinem Falle bedeutet, dass sich meine Angestellten auf meinen Deckel beessen und betrinken und trotzdem alle keine Lust haben, hinzugehen und sich deswegen eben als Ausgleich beessen und betrinken.

Und wie sich das für eine zünftige Weihnachtsfeier gehört, sind wir nach dem Essen noch in eine Cocktailbar (laut, voll und mit sehr viel Eis in sehr kleinen Gläsern mit sehr wenig Alkohol) gegangen und anschließend in einen Tanzclub, was die euphemistische Bezeichnung für eine Diskothek ist, in die Leute gehen, die in eine Diskothek gegangen sind, als Helmut Schmidt die Vertrauensfrage im Bundestag verloren hat.

Es ist laut, voll und es gibt sehr viel Eis in sehr kleinen Gläsern mit sehr wenig Alkohol. Und ich treffe Sandra, eine Bekannte, die ich ziemlich gut leiden kann, weil ich sie cool finde. Mit Sandra habe ich schon stundenlang geplaudert, wir haben wenigstens eine, wenn nicht zwei Wellenlängen oder sogar einen kompletten Sender gemeinsam. Sie ist mit ein paar tanz- und vergnügungssüchtigen Freundinnen da, weil sie, wer hätte es gedacht, soeben von einer Weihnachtsfeier kommt und ich habe keine Ahnung, wie sie meinen kleinen Pulk Leute und mich in diesem Vorhof der Hölle gefunden hat, aber sie setzt sich zu uns, die wir teils stehen, teils sitzen und total rythmisch und so mit Weinglas (Bier ist was für die Unterschicht) in der Hand zur Musik kopfwippen oder die übergewichtigen Hüften kreisen lassen.

Nun finde ich es grundsätzlich toll, neben Sandra zu sitzen. Weil sie gut riecht, hübsch ist, intelligent ist und ich mich mit ihr über mehr als über das Wetter oder kindische „Beziehungsprobleme“ jedweder Art unterhalten kann. Aber nicht hier. Hier ist es laut, es stinkt und an jeder Ecke stehen Mittfünfziger mit Glatzen, die diese niedlichen Polohemden mit großen Ziffern und kleinen Herstellerschildchen tragen und heute noch sehr dringend kopulieren möchten. Vorzugsweise einmal nicht mit der eigenen Hand. Schließlich werden die meisten Kinder nach Weihnachtsfeiern gezeugt.

Ich habe kein niedliches Polohemdchen an, weil ich direkt nach der Arbeit besinnlich werden und sprichwörtlich bis zur letzten Sekunde arbeiten musste, ich kann also nicht mit großen Ziffern und in diesem akustischen Umfeld eines Schwermetallbetriebes auch nicht mir einer großen Fresse aufwarten. Das ist schlecht.

Und weil es scheisslaut und scheisseng ist, rutschen drei mit U40 für dieses Etablissement noch minderjährige angebliche Polizisten, die, wer hätt´s gedacht, von einer Polizeiweihnachtsfeier kommen und wie Pornodarsteller aussehen, nah an unseren Tisch. Sehr nah. Sehr sehr nah. Vor allem nah an Sandra. Was mir in etwa so gut gefällt wie eine plötzliche Steuerabbuchung vom Finanzamt. Oder eine Alkoholkontrolle nach einer Weihnachtsfeier. Und weil der eine Polizistpornograph, der seine Getränke von meinem Steuergeld bezahlt, näher an Sandra als ihr Kleid sitzt, kann ich mich mit Sandra auch nicht mehr im Kasernenhofbrüllton unterhalten, was sowieso nur geht, wenn man seinen Mund so nahe ans Nachbarohr führt, dass man die Haare des Gesprächspartners im Mund hat. Ich schätze, das ist aber Absicht in dieser Art Schuppen.

Ich sags mal so: ich bin 48 Jahre alt, habe den Großteil meiner Haare noch, bin Arbeitgeber eines kleinen Dienstleistungsbüros der Finanzbranche, intelligenter als ein Schäferhund und habe seit vier Stunden das beste Geschäftsergebnis ever erzielt. Mit 20% Umsatzsteigerung! Ich habe keinen Grund, einen Minderwertigkeitskomplex zu haben. Eigentlich.

Leider sehe ich mittlerweile wie ein junges Mastodon aus, die verschiedenen bunten Buffets meines Lebens haben also deutliche Spuren hinterlassen.

Die drei Polizistenweihnachtsfeierer sind dumm wie Polizistenweihnachtsfeierer, haben aber hervorragende Körper und keine Doppelkinne.

In jeder virtuellen oder realen Diskussion gegen mich würden die Köpfe der Kollegen innerhalb von fünf Minuten fliegen und die Torsi würde ich oben rechts im Netz versenken. Mit verbundenen Augen und nur einer Hand auf der Tastatur.

Aber wir sind weder im virtuellen Raum, noch auf einer gepflegten Lesung mit politisch korrektem Rotwein aus der Toskana, sondern in einem Tanzabschleppschuppen, hier geht es um laute Stimme, zuckende Körper und Schweiß. Mit anderen Worten: um Sex. Auch, wenn es die eher erbärmliche Form der Alterssexualität ist.

Mit noch anderen Worten: dies hier ist nicht meine Spielwiese. Im „Hörsaal“, vor meinen „Studenten“, bin ich hervorragend in der Lage, einen Tiger zu sezieren, zu filettieren, die Eingeweide zu erklären und dann unter Applaus in die Menge zu werfen. In jedem intellektuellen Zweikampf wäre ich ein top-trainierter Ninja, der einer Horde mit Ästen bewaffneter Bonobos gegenübersteht.
Hier, in freier Wildbahn, stehe ich gleich drei Tigern nur mit einer Brille als Waffe gegenüber und da brauche ich nicht groß Mathematik studiert zu haben, um mir auszurechnen, wie hoch meine Überlebenschancen sind. Das kann nur in einer Katastrophe enden.

Im Grunde könnt´s mir ja egal sein, ich meine, es ist Nachts zwei Uhr, das Licht ist schmeichel- und zweifelhaft und ich bin ja mit meinen Leuten da und Sandra mit ihren und hey, die sind ja nicht in das Loch da rein gegangen, um die wichtigsten cineastischen Meilensteine seit der Entwicklung des Stummfilms unter Berücksichtigung des kulturellen Impakts der amerikanischen Mittelschicht in der Mitte des 20sten Jahrhunderts zu diskutieren. Die wollen hier nur hotten und sich bebaggern lassen und ich bin ja eigentlich bei meinen Leuten auch nur mit, weil es hieß, ich würde mich immer verpissen, wenn der Abend erst richtig anfinge, wobei ich seit den letzten 10 Minuten auch wieder weiß, warum diese Entscheidung stets richtig war. Ich stehe hier mit dem Hollandrad auf einer, OK, im Anbetracht des Alters aller Anwesenden, Formel3-Rennstrecke. Das wird nicht funktionieren, da kann ich mich nur zum Opfer machen. Ich bin doch nicht bescheuert.

Wenn ich mich also nett unterhalten möchte, dann bleibt nur eine Taktik: wechsle die Arena, auf die Spielwiese, die Du kennst und hoffe, die anderen ziehen mit... Ich schlage meinen Leuten also einen Ortswechsel vor und erwähne das so mehr beiläufig beim Aufstehen Sandra gegenüber, deren rechter halber Schädel in diesem Moment zu einem guten Stück im Mund des Pornopolizisten steckt, der ihr irgendwas Tolles erzählt und dabei ist, den Arm um sie zu legen, hurra. Ich spiele für einen Moment mit dem Gedanken, Sandra ganz offen vor aller Augen mit einem lauten DANKE einen Hunderter über den Tisch zu schieben, nur, um ihren und der Pornopolizisten Gesichter zu sehen. Aber manche Dinge macht man dann doch lieber im Kopf.

Wir verlassen jenen ersten Kreis der Hölle, um uns in himmlischere Sphären, in diesem Falle einen kleinen Privatclub am anderen Ende der Stadt, zurückzuziehen und ich bin gespannt, ob Sandra ihren Kopf aus dem Rachen des Löwen befreien konnte oder wollte, wobei ich mir einrede, dass es mir ja eigentlich sowieso egal sein kann, weil ich ja weiß, wer ich bin. Und auch, wer ich nicht bin.
Das ist aber jetzt eher so ein prinzipielles Ding. Kann der Geist die Materie schlagen? Und: möchte ich mit jemandem befreundet sein, der sich in einem Abschleppschuppen abschleppen lässt, selbst, wenn mich das im Grunde einen dicken Scheißdreck angeht?

Dem Leser überlasse ich das Ende: sind sie nachgekommen?

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Wo ist Herr Schmidt?

Ich hatte mich mit Petra zum Mittagessen verabredet, weil ich erstens Hunger hatte, zweitens nicht alleine essen wollte, drittens Petra nett ist, viertens auch gerade Zeit hatte und fünftes ist das eigentlich auch für die Geschichte völlig unerheblich.

So stehe ich also vor jenem kleinen, auf hip gestylten Pseudomexikaner mit der dominikanische Köchin und der stets schlechtgelaunten Lehramtsstudentin, die nebenbei hier das schmeißt, was sie als „Service“ bezeichnet, rauche noch eine Zigarette, bis Petra  mit der obligatorischen Viertelstunde Verspätung aufschlägt.

Wir könnten auch gleich reingehen, sagt sie, sie müsse nur noch kurz den Schmidt anrufen, der heute die Nachmittagsbetreuung übernimmt, da sie nachher mit einer Bekannten ins Kino wolle, Sekündchen grad und sie tippt die Nummer in ihr Smartphone, während ich versuche, möglichst cool und nicht hungrig auszusehen. Petra dreht sich weg, Handy rechts am Ohr, im linken steckt der Zeigefinger. Also ihrer, nicht meiner.

Ich stehe also da und warte und betrachte Petras Rücken, der auch entzücken kann. Sie schweigt. Eine Minute lang. Und verkündet dann, der Schmidt ginge nicht ran. Sie würde jetzt die andere Nummer nur kurz probieren. Welche auch immer. Sie tippt, dreht sich ´rum und bekommt wohl jemanden an den Hörer und ob der Jochen, also der Herr Schmidt da sei. Dann dreht sie sich zu mir, sagt „kleinen Moment, die fragt nach“ und ganz leise klingt Mozarts kleine Nachtmusik, interpretiert von einem offen hörbar einhändigen Akkordeonspieler, aus dem Hörer.

Ich zünde mir noch eine Zigarette an und habe Hunger.

Nach etwa einer weiteren Minute Schweigen erfahre ich aus dem Telefonat, dass Herr Schmidt im Moment nicht am Platz sei und es Petra nichts nutze, wenn sie mit seinem Vorgesetzten spräche, weil, es ginge um die Nachmittagsbetreuung heute, ja, sie habe die Handy-Nummer, aber Herr Schmidt ginge da nicht dran und es wäre aber dringend. Achso, ja, wenn der Chef wisse, wo Herr Schmidt sei, weil er den Dienstplan hätte, dann würde Petra doch gerne mit dem Chef von Herrn Schmidt verbunden werden.

Ich hab die Kippe zur Hälfte weg. Nikotin dämpft das Hungergefühl.

Der Vorgesetzte von Herrn Schmidt sei gerade zu Tisch (der Glückliche hatte anscheinend keine Verabredung mit Petra), aber sein Stellvertreter wisse das auch, Petra erklärt mir flüsternd, sie würde zum Stellvertreter durchgestellt.

Ich habe die Zigarette weggeraucht und stehe wieder nikotinfrei da, Petra wird aus der Warteschleife geworfen, sieht mit einer Überraschung aus Verzweiflung und Verwirrung ihr Handy an, als wäre das dran schuld, sagt „Oh Mann“ und „kleinen Moment, das geht schnell“ und wählt jene ominöse Nummer erneut, während ich die Werbung für Erwachsenenwindeln aus dem Sanitätshaus gegenüber studiere, da es durchaus sein könnte, dass ich welche brauche, bis Petra die Mittagsbetreuung organisiert hat.

Petra meldet sich wieder, sie sei gerade aus der Leitung geflogen, sie wolle verbunden werden mit dem Stellvertreter des Chefs von Herrn Schmidt, weil es ginge um die Mittagsbetreuung und Herr Schmidt sei nicht da, ja, sie habe die Handy-Nummer, aber da ginge er nicht dran und nein, nicht mit dem Chef verbinden, der wäre zu Tisch, aber der Stellvertreter wisse das auch und sie möchte gerne mit dem Stellvertreter verbunden werden und ich spüre, wie meine Barthaare wachsen und ich würde gerne ein Snickers essen.

Petra meint, während der einarmige Akkordeonspieler wieder Akkordeon spielert, ich könne doch derweil ins Lokal gehen und bestellen, sie wäre gleich fertig, aber weil ich auch gleich fertig und Gentleman bin, warte ich wie der getreue Heinrich mit ihr, ich Depp.

Inzwischen meldet sich der Stellvertreter des Chefs von Herrn Schmidt und ich schöpfe neue Hoffnung. Ja, hallo, Petra sei am Apparat, sie würde Herrn Schmidt suchen wegen der Nachmittagsbetreuung, aber der ginge nicht ans Handy, wo er sonst zu erreichen wäre würde sie gerne wissen.
Sie flüstert mir quasi als Live-Übertragung zu: „er guckt in den Dienstplan“. Dann, nach 20 Sekunden: „er muss in den anderen Raum, er hat den Dienstplan nicht auf dem Tisch.“

Während ich mir die nächste Zigarette anzünde und überlege, ob ich mir eine Eigentumswohnung kaufen soll, solange Petra nach Herrn Jochen Schmidt wegen der Mittagsbetreuung sucht, erfahre ich nach weiteren 30 Sekunden „er hat ihn“ und ich frage mich, ob „er“ den Dienstplan oder den Höllenschmidt hat. „Er“ hat leider nur den Dienstplan.

Petra dreht sich herum, wechselt den Hörer in die linke Hand, kramt nach einem Einkaufszettel und einem Werbekuli von „Uschis Angelbedarf, Tagespflege und Lottoannahmestelle“ und notiert sich eine Nummer. Da müsse Herr Schmidt jetzt sein. Vielen lieben Dank und sie riefe da mal an.
Petra lächelt ihr niedliches Petra-Lächeln und macht mir Hoffnung mit dem Satz „nur noch ein kurzer Anruf, dann ist das geklärt.“

Ich lächle zurück und überlege, ob ich mich auf offener Straße nackig ausziehen soll. Einfach so. Weil mir langweilig ist. Und ich Hunger habe.

Petra tippt die Nummer ein und hat anscheinend sofort Kontakt, weil sie sagt „hier ist Petra Y., ich habe die Auskunft, dass Herr Jochen Schmidt heute bei Ihnen ist, könnte ich ihn bitte kurz sprechen“ und dann sagt sie „Wie? Ich verstehe sie nicht. Bin ich nicht bei Yildirim? Achso, nein. Nein, dann habe ich mich verwählt.“

Tja, da geht es ihr wie mir. Ich habe mich in der Begleitung für das heutige Mittagessen verwählt und überlege, ob es nicht klüger ist, nächstens mit Petra zum Abendessen zu gehen, da ich keinen halben Tag Urlaub geplant hatte.

Petra lächelt ihr reizendendes Petralächeln, echt, ehrlich, es täte ihr leid, sie habe sich in der Aufregung vertippt, da sei anscheinend ein Zahlendreher drin und probiert es gleich nochmal, kurz.

Ich bemerke einen heißen Schmerz an Zeige- und Mittelfinger, weil die Zigarette bis auf den Filter heruntergebrannt ist und hoffe, kein Notfall zu werden, weil dann Petra den Notarzt anrufen müsste und naja…

Petra hat sich anscheinend die Nummer falsch notiert, da sie immer noch nicht bei Yildirim ´rauskommt und entschuldigt sich.
Verzweifelt schlage ich vor, dass wir uns doch zum Abendessen treffen könnten, dann bräuchte sie die Mittagsbetreuung nicht und wenigstens einer von uns käme zu einer Mahlzeit, aber Petra lächelt ihr charmantestes Lächeln, sie würde nur kurz den Stellvertreter des Chefs von Herrn Schmidt anrufen, kein Problem, und nochmal nach der Nummer fragen, das ginge jetzt auch schnell und meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich.
Der Stellvertreter des Chefs von Herrn Schmidt ist nämlich eben zu Tisch. Dafür ist aber der Chef zurück, aber der hat den Dienstplan nicht auf dem Tisch, den müsse jemand weggenommen haben und er würde ihn kurz suchen und ich brülle dazwischen, dass der wahrscheinlich auf dem verdammten Tisch von dem verdammten Höllenstellvertreter liegt, aber der Akkordeonspieler der Wartschleife ist schneller und ich habe Hunger und muss außerdem pissen und mir gehen die Zigaretten aus und Petra ruft freudig „ich sehs, ich hab den 5er als 3er gelesen, deswegen, danke, ja sie probierts nochmal.

Sie lächelt entschuldigend und sagt „Chaos, oder?“ und die richtige Antwort wäre „ja, allerdings, warum muss Herr Schmidt auch heute zu Yildirims fahren, wo ich doch mit Dir Mittagessen wollte“, aber ich sage nur ein blödes „so isses halt manchmal“.
„Gleich“ sagt Petra. „Nur noch ein Anruf“ sagt Petra. „Jetzt stimmt die Nummer ja“ sagt Petra, die sich für mich seit einer gefühlten Stunde ganz falsch anfühlt. Die Nummer. Nicht Petra.

Petra meldet sich im Kindergeburtstagston, ob sie bei Yildirim sei, ja prima, ob der Herr Schmidt da sei, super, ob sie ihn kurz sprechen könne, ja sie würde warten…

…wie ich. Ich glaube, der Messias kommt früher als Herr Schmidt.

Zu meiner tiefen Überraschung läuft Petra plötzlich im Herzlichkeitsmodus und dieses Gefühl teile ich aus tiefstem Herzen, denn gleich können wir essen: „Jochen, hei, grüß Dich, Du es geht um folgendes wegen der Nachmittagsbetreuung heute… hallo? Jochen? Jochen? Hallo?“
Sie starrt entgeistert und angewidert ihr Handy an. „Scheiße“ sagt sie. „Akku leer“ sagt sie. Und „verdammte Scheiße“ sagt sie auch.
Auf meine Frage „Und? Jetzt?“ bekomme ich die Gegenfrage „hast DU Dein Handy einstecken?“ und geistesgegenwärtig sage ich „nein, das liegt im Auto, im Parkhaus, in ungefähr 5 Kilometern Entfernung, so ein Mist.“ „Macht nichts“ sagt Petra, „ich frag mal kurz, ob ich drinnen telefonieren kann, dauert nur ein Sekündchen.“ Sprichts und verschwindet in dem Pseudo-Mexikaner.

Ich ziehe mein Handy aus der Tasche, wähle die Nummer, die Petra dankenswerter Weise auf dem Einkaufsbon vom Edeka hinterlassen hat und während Petra zurück kommt, weil sie die Nummer vergessen hat, rufe ich Familie Yildirim an, behaupte, ich habe mich verwählt und lege nicht auf, als Frau Yildirim auflegt.

Dann zünde ich mir noch eine Zigarette an und hole mir eine Bratwurst aus der Metzgerei nebenan. Bis ich nach einer Viertelstunde Bratwurst gegessen und Zigarette geraucht habe, kommt eine total enervierte Petra aus dem Mexikaner, schüttelt traurig den Kopf und sagt „ich muss nach Hause, da ich Jochen nicht erreiche. Bei Yildirim ist dauernd belegt. Ich hab niemanden für heute Mittag. Jetzt muss ich wegen des Kinos absagen, sorry, dass das heute so chaotisch war.“

Ich pflichte ihr bei, lasse sie ziehen, wir sehen uns nächste Woche, wenn es wieder heißt „ich muss ganz kurz noch ein klitzekleines Telefonat führen“.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Nachrichten und Heere - schneller als Licht

So: Ich war in der "Hobbit III - die Schlacht der 5 Heere". Wer den Film noch nicht gesehen hat, ihn aber unbedingt dringend noch sehen will, der sollte jetzt wegklicken, alldieweil sonst Spoileralarm, weil jetzt eine Zusammenfassung der Handlung erfolgt. Das wird nicht lange dauern.

Noch da? Eh bien. Also: Bilbo Beutlin und seine kleinen Freunde hatten im letzten Teil ja Smaug, auch bekannt als der "Rachendrachen von Mittelerde" quasi aus dem Erebor gescheucht und Bilbo hatte neben dem Ring auch noch den Arkenstein eingesteckt und keiner hat es gemerkt. Smaug ist natürlich schwer sauer und was macht ein mies gelaunter Drache? Richtig, er sengt die Seestadt in Schutt und Asche, und obwohl es mitten im Winter ist, sind die Bewohner über die Feuer in der Stadt nicht so richtig glücklich, wobei Peter Jackson hier auch eine alte Idee aus dem Vietnamkrieg wieder aufgreift.

Während die Zwergens dumm im Erebor herumhängen, rennt, rettet und flüchtet alles aus der Seestadt, inklusive des Bürgermeisters und seiner schleimigen Speichelleckerratte. Lediglich der Typ (ich hab den Namen verdrängt), der Bilbo samt Zwergen damals in die Seestadt geschmuggelt hat, bleibt vor Ort, und zwar, weil er a) Gefangener des Bürgermeisters und b) auf der Suche nach seinen Kindern ist, die die Wanne-Be-Elfenfreundin von Legolas gerade aus der Stadt evakuiert. Das gelint es, sich zu befreien und er beschließt, den über der Stadt wütenden Drachen im wahrsten Sinne des Wortes kalt zu machen. Er steigt auf den auf wundersame Weise bisher verschonten Holzturm, den der Drache voller Rücksichtnahme hat stehen lassen und schießt Pfeilchen auf den Drachen, was in etwa so sinnvoll ist, wie Wattebällchen auf einen Kampfpanzer zu werfen.

Sein ältester Sohn sieht, dass sein Vater anscheinend den Verstand verloren hat und flüchtet vom Boot der Elfentussi, um Dad beim Sterben Gesellschaft zu leisten. Vorher aber geht er noch geschwind in die Waffenkammer und organisiert den letzten Anti-Drachenpfeil von Mittelerde und bringt ihn Dad mit. Smaug, die alte  Raucherschlonte, bemerkt schließlich Dad und was macht Smaug? Er quatscht. Und quatscht. Und quatscht. Wie ein Versicherungsvertreter. Als Dad es nicht mehr hören kann, bastelt Dad ein Katapult mit seinem Sohn als Justierungsstab und schiesst Smaug einfach ab, der zufällig dabei auf das Boot des Bürgermeisters platscht und den gleich mitkillt, wobei man sagen muss, dass der Bürgermeister vorher seine schleimige Speichelleckerratte über Bord geworfen hat, um Gewicht zu sparen.

So. Im Morgengrauen retten sich erstaunlich viele Überlebende aus der Seestadt ans Ufer des Sees und stellen fest, dass in ihrer Stadt nur noch Trümmer stehen, als Dad, der quasi wider Willen, aber unter Hochrufen der schleimigen Speichelleckerratte (die sich auch gerettet hat) so eine Art "Bürgermeister ehrenhalber" wird, auf die gute Idee kommt, doch statt in den Trümmern der Seestadt in den Trümmern der Zwergenstadt in der Nähe Obdach zu suchen, anscheinend ist es nicht egal, in welchen Trümmern man letztlich krepiert, allerdings erhalten die Ex-Seestädter am nächsten Tag humanitäre Hilfe vom Christlichen Elbenbund, denn der König der Elben taucht nebst Hilfskarren auch mit seiner kompletten Armee auf.

Inzwischen hat sich nämlich erstaunlich schnell - quasi über Nacht - herumgesprochen, dass Smaug das Urzeitliche gesegnet hat und der König der Elben, der ähnlich wie der Nikolaus auf einem großen Elch daherreitet, hätte gerne seinen Familienschmuck wieder, der irgendwo im Drachenhort herumgammelt.
Das trifft sich gut, denn Dad hat auch noch eine offene Rechnung bei den Zwergen und hätte die gerne bezahlt.

Unterdessen ist den Zwergen im Erebor, allen voran König Thorin von Eichenschild, klar geworden, wie hoch die Einkommensteuer auf den Drachenschatz sein wird und so hockt Thorin ziemlich mies gelaunt und brummelig auf seinem Thron und zeigt wenig Neigung, irgendwelchen Familienschmuck auszuhändigen oder offene Rechnungen zu begleichen. Da dies eine allgemeine humanoide Regung ist, lassen die Finanzämter ja mittlerweile abbuchen. Außerdem wüsste er sehr gerne, wo in dem Drachensaustall sein eigener Familienschmuck namens Arkenstein abgeblieben ist. Der Stein ist unauffindbar, nur, wie gesagt, Bilbo weiß es, der sagt aber nix.

Auf jeden Fall will der Elbenkönig gleich den Erebor angreifen, da er sich mit 10.000 Mann gegen 13 Zwerge und einen Hobbit leicht im Vorteil wähnt, aber Dad will erst verhandeln. Also ob das Ganze nicht in zehn Sekunden vorbei wäre. Der Elbenkönig hat aber seinen lustigen Tag und so reitet Dad zum Erebor und fragt nach, ob er Familienschmuck und Rechnung ausbezahlt bekäme. Thorin lehnt dies aber mit Hinweis auf die enorme Kampfstärke seiner 13 Gefährten ab und Dad kehrt unter dem Gelächter von Zwergen und Elbenkönig zu eben jenem zurück und seine Autorität hat merklich gelitten und er wird zum elbischen Juniorpartner degradiert. Man einigt sich auf einen Angriff am nächsten Tag, ungefähr so lange brauchen die obdach- und mittellosen Seeländer, um sich anständige Waffen zu schmieden und ein Heer aufzustellen, was doch für einen erstaunlich hohen Organisationsgrad der Menschen spricht.

Derweile macht sich in der Nacht Bilbo aus dem Erebor und aus dem Staub und schlägt im Lager der Elben und Dads auf, um ihnen mit dem Arkenstein unter Nase herumzuwedeln und zu betteln, doch mit dem Arkenstein noch einmal bei Thorin, dem Brummigen, vorstellig zu werden und Familienschmuck gegen Familienschmuck zu tauschen. So könne doch ein wenig Blutvergießen verhindert werden, aber warum bin ich dann ins Kino?

Auf jeden Fall werden Dad und der Elbenkönig nebst ihren jeweiligen Heeren am Tag darauf wieder vor dem Erebor vorstellig, die Seestädter so zerlumpt wie die irakische Armee, die Elben voll und top trainiert und diszipliniert, im Vergleich mit Ihnen wirken die imperialen Sturmtruppen aus Star-Wars wie eine Horde ungezügelter Barbaren. Sie schlagen also Thorin den Handel vor, aber ausgerechnet derjenige, der die ganze Zeit nach dem Arkenstein wie Dagobert nach dem ersten Kreuzer gesucht hat, hat plötzlich kein Interesse mehr dran.

Das kann daran liegen, das zufällig in diesem Moment sein fetter Vetter mit einem Heer von kurzbeinigen Zwergen um die Felsecke gebogen kommt, denn raten Sie mal, was sich bis ins weit weit weit weit weit entfernte Nebelgebirge herumgesprochen hat? Richtig. Und deswegen sind die Zwerge in knapp 36 Stunden die paar Hundert Kilometer gesprintet. Als echter Zwergenkönig reitet der fette Vetter natürlich auf einem, AchtungAchtung, Schwein. Kein Witz. Ein "Kampfschwein" sozusagen. Und was macht der fette Vetter zuerst, bevor er angreift? Korrekt, er hält eine sehr sehr lange Ansprache, warum und weshalb und wieso er gleich mit seinen kurzbeinigen Kumpels den Elben gewaltig in den Arsch treten wird, begleitet vom süffisanten Lächeln des Elbenkönigs, der ihn ansieht wie wohl ein Türsteher einen aufsässigen Jugendlichen ansieht, der ihm erklärt, er würde "seine Mutta figgn". Kurz bevor aber die Zwerge eine saftige Abreibung von den grinsenden Elben erhalten, tritt ein Ereignis ein.

Zufällig kommt nämlich in diesem Moment eine komplette Orkarmee mit allem Zipp und Zapp um die Felsecke, denn raten Sie mal, was sich bis nach Angmar-Anhalt herumgesprochen hat? Genau!

Die Zwerge beschließen, sich lieber von den Orks statt von den Elben die Fresse polieren zu lassen und greifen an, was wirklich hübsch animiert ist. Die Elben finden das derart lustig, dass sie über die Zwerge drüber rennen, um ebenfalls die Orks anzugreifen und jetzt fliegen erst einmal 20 Minuten lang Köpfe.

Und was machen die Menschen? Dads Leute aus Seeheim-Jugenheim verkrümeln sich vernünftiger Weise in die Trümmer der Zwergenstadt, als just in diesem Moment eine zweite Ork-Armee um die Felsecke biegt, denn was hat sich herumgesprochen? Exakt!

Die Orks metzeln sich durch die Stadt, es fliegen Köpfe und Trolle und auch für die kombinierte Zwergen- und Elben-Armee sieht es gar nicht gut aus, da sie vorher nicht miteinander trainiert haben. Im Gewusel sieht man die schleimige  Speichelleckerratte, wie sie sich vor dem Kampf drückt und Gold zusammenrafft. Sie wird zwar von Dad erwischt, darf sich aber trotzdem nebst Gold ihren Weg wieseln, wohin, wird einer der offenen Handlungsstränge bleiben und man fragt sich, wozu die Speichelleckerratte eigentlich wirklich im Film gebraucht wurde.

Auf jeden Fall ziehen sich die lieben Armeen immer weiter zurück, Menschen und Elben in die Ruinenstadt, die Zwergens vor den Eingang zum Erebor. Es scheint alles verloren. Just aber in diesem Moment findet Thorin, wenn schon nicht seinen Eichelschild, doch wenigstens seine Eier wieder und beschließt, mit seinen verbliebenen 12 krummbeinigen Hanseln entscheidend in die Kämpfe einzugreifen. Und während sich finstere Trolle der Rumpfarmee des fetten Vetters nähern, um den Zwergen den Rest zu geben, reiten Thorin und seine Apostel auf, achtungachtung, Kampfgemsen, von denen keiner weiß, wo die plötzlich herkommen ("Instant-Gems: Pulver und Wasser im lauwarmen Topf verrühren, mit Fledermausflügeln würzen, fertig") aus der Festung, direkt auf die Trolle zu, die wie vom Blitz getroffen, einfach umfallen. Ich vermute, vor Lachen.

Und was fliegt jetzt? Genau. Köpfe und Trolle. An allen Ecken wird gekämpft, gerufen, gepfeilgeschossen und gemetzelt, was das Zeug hält. Um es kurz zu machen: Thorin stirbt und einer seiner Kumpel, der gerne etwas mit der Elbin gehabt hätte, mit der Legolas gerne etwas gehabt hätte, stirbt auch, die Elbin selbst überlebt. Am Schluss taucht dann auch Gandalf auf, bringt Bilbo nach Hause, Legolas geht "einen wichtigen Mann namens Streicher" suchen, "aber seinen wahren Namen musst Du selbst herausfinden" und keine Sau interessiert sich mehr  für den Arkenstein, die schleimige Speichelleckerratte oder was aus den Zwergen, dem fetten Vetter, dem Schatz im Erebor, Dad oder dem elbischen Familienschmuck wurde. Achja, wie üblich kommen zum Schluss, wenn wirklich alles vorbei ist, "die Adler", die später als alle anderen dran sind, denn bis sich zu denen herumgesprochen hatte, dass... Das hat gedauert. Und die können immerhin fliegen.