Samstag, 17. November 2012

Abenteuer46

Es ist drei Uhr nachmittags, ich habe ein halbes Stündchen Zeit und schätze, ich könnte auf kurz mal eine heiße Schokolade trinken, schräg gegenüber bei der Lieblingsitalienerin, die jeden Stammgast auf herzliche und extrem aufdringliche und unhygienische Art abbusselt, aber das ist eben die mediterrane Herzlichkeit, von der wir uns kühle Deutsche eine Scheibe abschneiden können und für die wir Steuergelder zahlen. Hol´s der Teufel, ich risikiere es.

Und da sitze ich dann nach der Knutschorgie („tschaue Bello, isse schön, dasse Du komme“) da, nehme einen tiefen Schluck meiner heißen Schokolade und da sehe ich SIE da sitzen.
SIE ist schlank, blond, gut angezogen, hübsche feste Figur und hat genau das richtige Alter für mich: nicht mehr so jung, dass SIE meine Tochter sein könnte und ich mich als Pädophiler fühlen würde, wenn ich SIE anspräche, aber auch noch nicht so alt, als dass SIE nicht mehr auf das Cover des Playboy passen würde. Perfekt. Toll. Makellos. Ein Hingucker vor dem Herrn.

Während ich an der Schokolade nippe, lege ich mir SIE auf das berühmte Eisbärfell vor dem Kamin in der Blockhütte am Kaminfeuer. Gute Güte, was könnten wir für schweinische Sachen machen. Einmal das Kamasutra rauf und wieder runter und von vorn und hinten.
Problem dabei: ich bin verheiratet. Dies bedeutet, ich bin a) aus der Übung, was das Ansprechen wildfremder Frauen angeht und b) glücklich verheiratet und c) meine Frau versteht mich sehr wohl und d) würde das allen meinen Vorstellungen von Treue und Ehre widersprechen. Außerdem e) bin ich intelligent. Und das ist das Haupthindernis.

Die blonde Göttin sieht zu mir herüber und lächelt mich an. WOW, sie hat mich bemerkt, wie geil ist DAS denn?
Ich denke einen Schritt weiter: also, die Nummer mit dem Eisbärfell in der romantischen und verschwiegenen Hütte haben wir durch und sie ist nach einer heißen Liebesnacht mit viel Wein und Romantik und scharfem Sex in meinen Armen eingeschlafen.

Geweckt wird sie am Morgen danach durch einen krachenden Furz, weil ich Rotwein normalerweise nicht vertrage, sie erschrickt dann und ich wache auch auf. Und dann hockt sie auf dem Eisbärfell, nicht mehr nackt, sondern nur noch nackig und ungepflegt. Und ihr erster Satz wird „ich muss pinkeln“ sein. Und ich sehe ihr dann hinterher, wie sie mit baumelnden Brüsten ihre Unterwäsche sucht und dann aufs Klo geht, rücksichtsvollerweise lasse ich Ihr nämlich den Vortritt, weil, wenn sie nach mir ins Bad ginge, sie an einer Gasvergiftung sterben würde.
Ich suche unterdessen meine Socken und meine Unterwäsche (was habe ich heute an? Die gute Schiesser-Doppelripp mit Eingreifschlitz, aber wenigstens ohne Muster) und ziehe mir Hose und T-Shirt an. Und sehe aufs Handy, auf denen sich drei SMS meiner Frau befinden, wo ich denn bliebe und dass ich mich melden soll, weil sie sich Sorgen macht.

Aus der Badezimmertüre kommen Kotzgeräusche, weil SIE es anscheinend entweder auch nicht so mit Wein hat oder mich bei Tageslicht gesehen hat, während ich mir fieberhaft eine Ausrede überlege, denn eines ist auch klar: mir würde die Chuzpe fehlen, nach Hause zu gehen, meiner Frau zu erklären, dass ich sie heute Nacht betrogen habe, aber es sei nur was Sexuelles und sie solle es bitte nicht persönlich nehmen und ich ihr jetzt im Übrigen meine dreckige Unterwäsche in den Wäschekorb schmeiße. Schönen Tag noch.
Während ich mir das Gesicht meiner Frau dabei vorstelle, lächelt mich die GÖTTIN am Tisch gegenüber schon wieder an und ich lächle charmant zurück. Verdammte Kacke, das wäre die Chance…

Mal so aus dem Ehetrott ausbrechen, gell? Ist ja nichts dabei. „Abenteuer 18, für Menschen, die in einer Beziehung leben und kein Geld im Bordell ausgeben wollen“. So ein kleiner Seitensprung würde natürlich auch die Ehe auffrischen, man würde zueinander finden und wüsste mal wieder, was man so aneinander hat oder auch nicht hat, es würde mal so ein bisschen Pepp in die Beziehung bringen und das Gesicht der GÖTTIN verwandelt sich in das Gesicht meiner Gefährtin und plötzlich liegt meine Frau auf dem Eisbärfell, allerdings nicht mit mir, sondern mit irgendeinem debilen Idioten, der sie in irgendeiner italienischen Szenekneipe mit aufdringlicher Wirtin aufgerissen hat.
Das wiederum ist nun eine Vorstellung, die mir so gar nicht gefällt. Denn gleiches Recht für alle. Ich würde dem dummen Arschloch zuerst die Beine und dann die Arme brechen und die Koffer meiner Frau würden schneller auf der Straße stehen, als sie den Satz „ich kann das erklären“ zu Ende bringen kann. Keiner fasst meine Frau an außer mir. Fakt. Punkt. Keine Diskussion und „nein“, wir würden auch „keine Freunde bleiben“.

Die GÖTTIN steht auf, lächelt ein letztes Mal und geht, ohne dass sie mein Eisbär- und Brusthaarfell kennengelernt hat. Ich zahle auch, gehe noch mal kurz auf Toilette und erfahre, warum sie mich angelächelt hat: mein Gesicht ist mit Schokolade verschmiert und ich sehe wie ein Clown aus, der ich wahrscheinlich auch bin.

Schön wär´s gewesen. Schön blöd.

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