Dienstag, 17. Dezember 2013

Weihnachtspost

Weihnacht ist´s wieder im Lande und eine gewisse Art von Organisationen scheint dem Glauben zu unterliegen, dass mit dem vorweihnachtlichen Öffnen der Herzen der Menschen sich gleichzeitig auch der Geldbeutel öffnen sollte. Wir tun Gutes, reden darüber und wollen Dein Geld dafür. 

In meiner Post finde ich jetzt vorweihnachtliche, leicht surreal-kubistisch-naiv-expressionistisch-impressionistische Kunstkarten, die mit viel Phantasie irgendein klassisches Weihnachtsmotiv darstellen sollen und der Grund, warum die Bilder so scheußlich aussehen, ist der, weil der Künstler sie mit dem Mund, dem Fuß oder anderen Körperteilen gemalt hat, die ich lieber nicht kennenlernen möchte. Schlimmstenfalls mit der Hand. Dafür aber hat mit die „Kunstwerkstatt alles außer Handarbeit“ auch einen Zahlschein mit beigelegt, mit dem ich bedauernswerte Künstler unterstützen kann – was ich aber nicht mache, da ich diese Art der Verbreitung von Kunst grundsätzlich ablehne. 

Auf dem Briefumschlag drunter gucken mich – ooooooohhhhh – süße Hundewelpen vorwurfsvoll an. „Wuffi“, die Organisation für ausgesetzte Köter in Afghanistan, bittet um meine Spenden für kriegsversehrte Afghanen (die Hunde, nicht die Menschen), die in Kabul umherstreunen und leider von der hungernden Bevölkerung gefressen werden, wenn ich nicht subito mit dem beiliegenden Zahlschein spende und das kann ich nicht wirklich wollen. Erst Krieg anzetteln und sich dann nicht um die Afghanen kümmern. Will ich aber doch! 

Gleich daneben bittet mich der grüne Halbmond für die Flutopfer in Kommantanturi in Nepalappland zu spenden, weil es die bei dem letzten Regenguss echt übel erwischt hat. Eine bunte Collage von zerstörten Häusern (in einem glaube ich das Reichluftfahrtministerium in Berlin erkennen zu können, ein anderes sieht wie die alte Innenstadt von Nürnberg 1945 aus) und zahnlos grinsenden Unbekannten mit Plastikeimern an Brunnen zeigt mir, dass es da zwar immer noch übel aussieht, aber schon vorwärts geht. Von meiner Spende in nicht unerheblicher Höhe will der grüne Halbmond Zelte, Heringe (nicht die Fische, sondern wegen der Zelte) und Klappstühle kaufen. Offen bleibt, ob er die den Nepalappländern dann schenkt oder weiterverhökert. Nix gibt´s. 

Als Nächstes bekomme ich Post von der FDP, die auf jeden Fall im Moment jede Spende gebrauchen kann, aber mehr als meine ideelle Unterstützung kann ich hier nicht bieten. Ich nehme mir aber vor, sie in meine Gebete einzuschließen. 

Wem auch vom Leben übel mitgespielt wurde und wird, das sind die Herpeskranken. An Herpes sterben pro Jahr, man möchte es nicht glauben, fast ebenso viele Menschen wie an Blepharokonjunktivitis, was mich zwar ad hoc etwas in Alarmzustand versetzt und schon den Spendenüberweisungsträger ausfüllen lässt, sich aber nach einem kurzen Blick in Wikipedia dann doch als harmlose Augenentzündung herausstellt. Tatsächlich sterben ebenso viele Menschen an Herpes wie an Blephalodingsbums – nämlich 0. Also doch nicht so schlimm und die Herpeskranken sollen eben mit dem Knutschen aufhören und sich waschen. Gute Güte. 

Außerdem muss das Kirchendach renoviert werden. Der örtliche Pfarrer hat mich angeschrieben. Gerade zur Weihnachtszeit wäre es doch schön, wenn Josef, Maria und das Jesuskind nicht schon wieder in einen dreckigen Stall mit einem maroden Dach einziehen müssten und er würde mir auch ein herzliches „Vergelt´s Gott“ ausrichten und ich könne übrigens auf dem Weihnachtsmarkt auch Plätzchen kaufen und Glühwein trinken, wenn und sofern ich mich nur vom Kirchendach fernhalte. Darunter ist auch ein Bild von unserer Kirche hier, allerdings ist es die von den Evangelischen und die Protestanten unterstütze ich erst recht nicht. Lieber spende ich für einen taoistischen Tempel, aber wir haben keine Taoisten im Sprengel. Pech für beide. 

Meine KFZ-Versicherung bei der „Typ, der mit einem Ritterschild herumlaufen muss“-Versicherung hätte, sofern ich nächstes Jahr noch Autofahren möchte, gerne einen Betrag in nicht unerheblicher Höhe, der sogar noch höher als letztes Jahr, denn obgleich ich brav war und nichts kaputt gemacht habe, haben sich die anderen Kunden der Ritterschildversicherung, die zum größten Teil aus Beamten und Rentnern und schlimmstenfalls beidem bestehen, als erstaunlich fahrunfähig und ungeschickt erwiesen, weswegen die Ritterschildversicherung jetzt den Preis für alle nach oben katapultiert. 

Der letzte Brief ist sehr unweihnachtlich gelb, dafür aber auf Umweltpapier gedruckt. Traurige Finanzbeamte sehen mich vor meinem geistigen Auge an und erwarten meine Spende. Schon seit Monaten. Und jetzt kommt zu meiner Pflichtspende auch noch ein fetter Pflichtspendensäumniszuschlag. Falls ich mich immer noch weigere, zu spenden, drohen sie, mich einzubuchten, die traurigen Finanzbeamten. 

Kost, Post- und Logis frei? Urlaub auf Steuerzahlers Kosten? Über Weihnachten? Verdammt – wir sind im Gespräch!

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