Es
wird wieder März im Lande, die Bäume schlagen aus und im Leben der meisten
Männer über 45 beginnt das, was man früher als „zweiten Frühling“, heute als
„Midlife-Crisis“ oder, wenn sie beginnen, Viagra zu fressen, weil die
pubertären Kinder mehr Sex als sie selbst haben, als „Burn-Out-Syndrom“
bezeichnet.
Wir
wollen uns in dieser kleinen, unklinischen Studie nicht mit den sogenannten
Single-Männern und -Frauen gleichen Alters beschäftigen, denn für die gibt es
einen Spezialausdruck: einsam. Nein, in dieser kleinen, nichtsdestotrotz
unrepräsentativen Studien widmen wir uns der Spezies der verheirateten Männer,
die auf ihr welkes Fleisch starren, während sich im Stockwerk drunter die
Tochter mit ihrem neuen Freund dem Thema „die weibliche Anatomie in der
praktischen Anwendung“ widmet, und die sich die Schicksalsfrage stellen: wars
das?
Zum
Glück für die allermeisten Ehemänner lautet die Antwort: „ja, das war es“ und
mehr als sechs Mal Sex pro Jahr wäre ja auch eine Überforderung und diese
Glücklichen kehren dann zu ihren Bankkonten, Aktienpaketen und 5er BMW zurück
und kaufen sich eine ukrainische Notfall-Vagina im Club um die Ecke, natürlich
diskret und mit Bar-Zahlung. Jeden Monat einen Fuffi zurücklegen und nach spätestens
sechs Monaten ist genug Knete da, die keinem fehlt und von der die Ehefrau
nichts weiß.
Die
etwas Unglücklicheren unter uns treffen eine Single-Frau. Und landen
bestenfalls in einer Schmieren-Komödie, schlimmstenfalls in einer echten
griechischen Tragödie.
Auf
einmal ist alles anders. Das ist jemand, der Dir mehr zu erzählen hat als die
Gartenarbeitsliste für das Wochenende und die Einladung von Tante Annemarie, da
ist jemand, der Dich toll und ansprechend oder wenigstens nicht abstoßend findet,
mit dem Du die Antenne hast, die Du damals auch zu Deiner Frau hattest, bevor
die auf draht- und sprachloses Beziehungsnetzwerk mit dauernder Tonstörung
umgeschaltet hat und plötzlich ist wieder was los.
Das
geht nicht Knall auf Fall, sondern schön langsam, wie alle schweren
Erkrankungen. Am Anfang sieht man sich gelegentlich, mehr oder weniger
zufällig, dann lancierst Du „Zufälle“, die deswegen keine mehr sind und man
geht hier mal essen, da mal ins Kino, dort mal auf irgendein kulturelles und
altersgerechtes Event wie eine Kunstaustellung mit seltsamen Bildern und
politisch korrektem Rotwein. Oder zu einer Autorenlesung. Wie Sie heute Abend.
Willkommen, sofern Sie nicht mit Ihrer Begleitung verheiratet sind. Sie werden
in den nächsten Minuten leiden. Und mich hassen. Word!
Unsere
alten Männer schweben wie Harry Potter auf Wolke Neundreiviertel. Während die
Ehefrau daheim brav die Bügelwäsche macht und den letzten Kleinen aus der
Schule abholt, sind unsere Helden dabei, herauszufinden, ob es „das wirklich
war“. Und hier lautet die Antwort blöderweise: „Nein, war es nicht.“
Der
einstmals biedere Ehemann ändert Stil, Gewohnheiten, sieht plötzlich anders und
irgendwie besser aus und dank seines Habitus und der aus dem Haus gehenden Kids
ist er finanziell unabhängig und bereit, zu teilen. Und er erinnert sich an
damals, als sein Arsch noch fest und seine Stirnglatze nicht vorhanden war. Und
daran, dass die heißen Girls in den 80ern einst fielen wie die Blätter im
Herbst. Und er würde gerne die Geschichte wiederholen.
Tut
er auch. Als Farce. Wie sich das für eine sich wiederholende Geschichte gehört.
Alle
Zutaten sind da: eine leicht kriselnde Ehe, ein leer werdendes Haus, eine also
„kritische Masse“. Fehlt nur noch der Zünder: die neue Bekanntschaft. Eine
hervorragende Mixtur für eine fette emotionale Explosion, die die
Hiroshima-Bombe wie einen Sylvester-Kracher aussehen lässt.
Am
Anfang ist noch alles schick. Man geht gemeinsam weg und wenn unser Protagonist
nicht bereits an Demenz leidet, dann fädelt er es schon so ein, dass die
Umarmung „just like in old times“ schon mal diese ein/zwei Sekunden länger als
„freundschaftlich angemessen“ dauert... Hübsch ist das, das Herz schlägt etwas
höher, die Gedanken sind nicht mehr bei den miserablen Schulnoten der mittleren
Tochter oder der fälligen Endrate für das Leasing-Fahrzeug, sondern bei der
neuen Flamme und ja, es lässt sich so ein wenig ganz viel völliger Blödsinn
zusammenphantasieren. So eine niedliche „was wäre, wenn - „ -Welt. Was wäre,
wenn unser Protagonist ein Pony und ein rosa Barbie-Haus hätte? Oder ein
schwedischer Bus wäre? So einfach mal „was ganz anderes machen“... Lachse
angeln in Norwegen, Bilder für eine Kunstaustellung von Hamburg quer durch
Frankreich und Spanien nach Madrid fahren, eine Ladung Trommeln nach Sankt
Petersburg transportieren...
Zum
Trost: er ist nicht der einzige Idiot in dem Spiel. Denn der neue Schwarm, der
ja auch nicht ganz grundlos Single ist, macht sich zuerst keine, dann wenige,
dann ein paar und dann GANZ VIEL Hoffnung, dass ihr etwas angegrauter Held mit
den Lachfalten um die Mundwinkel und den Sitzfalten in der Kniekehle entweder
ausgerechnet wegen ihr oder um Himmels Willen doch nicht wegen IHR seiner
Ehefrau ein fröhliches „geh sterben, ich wechsle jetzt das Bett“ zuruft.
Macht
er aber nicht. Denn erstens hat er ja vielleicht doch ein paar Prinzipien,
zweitens ist Personalabbau im privaten Bereich der Teuerste, drittens möchte
unser Ehemann doch eher ungern auf den SUV, das Haus und die Altersversorgung
verzichten, viertens außerdem und überhaupt.
Denn
über kurz oder lang macht der neugeborene Held eine spannende und erschreckende
Entdeckung: die „Neue“ hat auch Macken. Sogar ganz bitterböse und veritable
Macken. Nicht mehr alle Latten am Zaun. Eine Sieben auf dem Würfel. Eine nasse
Strickmütze auf. Nicht mehr alle Blumen am Strauss. Nicht mehr alle Tassen im
Schrank!
Und
die „Neue“ merkt, dass ihr Galan leider doch nicht so charmant und reizend,
sondern tatsächlich ein langweiliger alter Arschbacken ist, der sie zwar ganz
niedlich und entspannend findet – aber nur Montags bis Freitags von 17 bis 19
Uhr und ansonsten an Feiertagen und Wochenenden geschlossen hat. Und um Himmels
Willen nicht vom Eheregen in die Beziehungstraufe kommen will. Nein, nicht
anrufen, die echte, aber leider falsche Frau könnte drangehen...
Wenn
beide Parteien jetzt vernünftig sind, geben sie sich artig die Hand und
wünschen sich ein schönes Restleben und jeder geht wieder seines Wegs.
Weil
aber alle komplett wahnsinnig sind, machen sie so lange weiter, bis wenigstens
einer weint. Aber es war ja bis hierhin auch immer so nett... Und man hatte
doch so ein gutes Verhältnis im wahrsten Sinne des Wortes...
SIE
kriegt ziemlich fix mit, dass sie gegen die vielleicht biedere, aber patente
und zuverlässige Ehefrau ungefähr so viele Chancen wie ein Kartoffelkanone
gegen einen Kampfpanzer deutscher Bauart hat. Und sucht sich den Nächsten.
Solange sie noch suchen kann, denn der Zahn der Zeit nagt ja an allen
Beteiligten. Und steht erst die Fünf davor, ist ziemlich Sense mit Wein, Mann
und Gesang. Das „späte Glück“ - und auch noch ohne Gleitcreme und blaue Pillen
- gibt’s nur bei Rosamunde Pilcher. Und meistens ist da dann einer der beiden
Glücklichen schwer krank und muss leider bald sterben.
ER
schnallt erst gar nicht, dass er einen Konkurrenten um die Gunst Lady Marians
bekommen hat und glaubt immer noch, er sei der einzige Robin Hood auf dem
Turnierplatz. Denn während er mehr oder weniger ignoriert hat, dass er
verheiratet ist, hat Lady Marian durchaus registriert, dass ihre Aussicht auf
eine geregelte Altersversorgung im falschen Bett pennt und nicht gerade so
aussieht, als wolle sie das verlassen und hat sich anderweitig zum Sheriff von
Nottingham orientiert. Weil sie das kann und schon oft gemacht hat und Übung
hat, während der Held immer noch glaubt, er sei handsome, tall and strong and
the only One.
Und
jetzt wird es endgültig zur Farce. Der Superman in seiner Frühantike sinnt
natürlich auf Rache und Satisfaktion und da die gute alte Tradition des Säbel-
oder Pistolenduells von einer unbarmherzigen Justiz gekippt wurde, greift er
die tief in die Trickkiste. Sehr tief. Und zwar die der 16-Jährigen. Und nach
dem Motto, „was Du kannst, kann ich schon zehn Mal“ sucht er sich auch eine
neue Gespielin. Oder buddelt eine alte Gespielin aus dem gut bestückten
Massengrab seiner vorehelichen Beziehungen aus, die auch den Rettungsring dicht
daneben gefasst hat.
Die
Ehefrau, die vielleicht über ein kleines Affärchen nochmal hinweggesehen hätte,
wird ob der Nervosität des bisherigen biederen Familienernährers auch nervös,
sucht sich vielleicht nach der guten alten „quid pro quo“-Regelung auch einen
Teilzeit-Scheich, die Ex-Freundin wird sauer, weil ihr einstmals so schicker
neuer Freund sich wie ein alter, eifersüchtiger Arschbratzen aufführt und die
Neue fühlt sich benutzt als Trostpflaster, kann aber nicht einmal diese
Funktion anständig erfüllen.
End-
und sinnlose „Beziehungs-“Diskussionen an allen Ecken und Enden, Vorwürfe,
Anwürfe, Chaos, Brände, Plünderungen und Brandschatzung und das alles nur, weil
der zweite Lenz da war.
Herzlichen
Glückwunsch. Gut gemacht, Ihr Deppen! Klatscht Euch alle gegenseitig ab.
Einwechselspieler machen das so.
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