Dienstag, 25. Januar 2011

Die wirklich allerletzen Worte

Liebe anwesende Trauergäste: ich freue mich wirklich und aufrichtig, dass Ihr heute zu meiner Beerdigung erschienen seid. Ihr habt es sicher schon erraten: wenn Ihr diesen Videoclip seht, dann bin ich wahrscheinlich schon unter der Erde, auf jeden Fall aber tot. Oder, für die Esoteriker unter Euch – Hilde, Du darfst Dich jetzt angesprochen fühlen – „hinübergegangen“, wie es so schön dämlich heißt.

Über Tote darf man ja bekanntlich nichts Schlechtes sagen – über Lebende dürfen die Toten sicher mal was sagen. Und deswegen, gerade weil dies meine letzte Gelegenheit dazu ist, werde ich Euch versammelter Mannschaft einmal ein paar Dinge stecken. Denn in die Hölle kann ich gar nicht mehr kommen – ich war ja dank Euch schon dort. Wer sich also vor unangenehmen Wahrheiten fürchtet, darf jetzt auch den Raum verlassen.

Man sagt, wenn ein Mensch stirbt, dann bleibt so viel ungesagt – aber nicht bei mir!

Ich fange der Einfachheit halber mit Gerhard an:
Gerhard, mein lieber Geschäftspartner, Du magst es glauben oder nicht: natürlich ist mir aufgefallen, dass Du mehr als einmal herzhaft in die Firmenkasse gegriffen hast, um Deine Spielschulden zu begleichen. Ich verzeihe Dir. Ob Dir aber die Steuerfahndung verzeiht, der ich in einem Anfall von bedauerlicher Schwäche Deine seltsamen Transaktionen auf Schweizer Nummernkonten mitgeteilt habe, vermag ich nicht zu sagen. Ich wünsche mir allerdings sehr, dass sie es nicht tut.

Dir, liebe Schwester Hilde, möchte ich hier und heute gestehen, dass die „Original-Erde vom Golgatha“, die ich Dir für teuer Geld aus Israel mitgebracht habe, in Wahrheit von der Baustelle an der Ausfahrt Wuppertal von der A1 stammt, ich konnte einfach der Versuchung nicht widerstehen, Dir für 150,- € sprichwörtlichen Dreck anzudrehen und „ja“, ich habe sehr über Deine Einfalt gelacht, so innerlich. Immerhin weißt Du jetzt, warum Deine Aura nach wie vor flackert. Ich nenne dieses imaginäre Phänomen „Deppenstroboskop“.

Was nun meinen „lieben“ Neffen Kevin, diesen ungezogenen, schlechtgekleideten Rotzlöffel, dessen Taufpate ich bedauerlicherweise bin, pardon, „war“, angeht: hör auf mit den Drogen, da liegt kein Segen drin. Dein Vater ist daran zu Recht gestorben und falls Du nun zweifelnd zu Herbert ´rüberschielst – ich rede von Deinem Vater und nicht von dem Mann, den Du dafür hältst. Viel Spaß beim Nachforschen wünsche ich Dir.

Apropos Herbert: Du bist der Glückspilz unter den Anwesenden – denn Du musst nun die schätzungsweise zweitausend Darlehen, um die Du mich im Laufe der Zeit angepumpt hast, um Deine diversen Tussen auszuhalten, nicht mehr an mich zurückzahlen. Allerdings: vielleicht interessiert sich ja die Polizei für ein mögliches Mordmotiv an mir.

Lisa, meine liebe Nichte: Dir wünsche ich alles Gute auf Erden und den Mut, Herbert und Inge endlich zu gestehen, dass sie sich die Sache mit den Enkeln in die Haare schmieren können, weil Du lesbisch bist. Zumindest hast Du mir in dem Pornofilm, der mir durch Zufall in die Hände fiel, sehr danach ausgesehen.

Zwischendurch möchte ich bemerken, dass es mir sehr angenehm auffällt, dass sich Eure ohnehin geheuchelte Trauer mittlerweile doch ziemlich in Grenzen halten dürfte.

Weiter im Text und kommen wir zu meinem Bruder Alfred: falls Du es nicht wissen solltest – und ich bin sicher, Du hast nicht den Hauch einer Ahnung - ich habe mit Deiner Frau geschlafen. Mehrmals. Das war nicht besonders aufregend, weil sie doch ziemlich frigide ist, damit hast Du recht gehabt, ich habe es eigentlich nur getan, um Dich zu ärgern und weil ich auf große Brüste stehe. Und weil Du Dich immer für superklug und megaclever gehalten hast. Das war mir wirklich Befriedigung genug.

In diesem Zusammenhang, liebe Inge, Deine Lamentos über Alfreds Impotenz haben mich mehr als einmal gelangweilt, ich kann Dir aus sehr sicherer Quelle berichten, dass die Damen im „Club Cherie d´amour“ da völlig anderer Meinung sind. Vielleicht liegts ja doch an Dir. Wahrscheinlich sogar.

Abschließend möchte ich bemerken, dass es bei solch einer Verwandtschaft wie der Euren eine wahre Wohltat war, abzutreten. Ich möchte mich bei Euch dafür bedanken, dass Ihr es mir so leicht gemacht habt, Euch zu verachten, der Tod ist in Eurem Falle Eurer elenden Heuchelei, Eurer abgrundtiefen Dummheit und grenzenlosen Einfalt vorzuziehen und ich bitte Euch höflich, Eure verdammten Kränze wieder mit nach Hause zu nehmen. Ihr könnt im Advent ja vier lustige Kerzen darauf stecken oder sie als Siegerkranz um den Hals Eures Lieblingshaustieres hängen. Denn ich kann darauf verzichten.

Zu erben – nur, falls sich da irgendjemand Hoffnungen oder Illusionen gemacht haben sollte – gibt es natürlich nichts. Ich habe einen Großteil meines Geldes für Alkohol und Weiber ausgegeben und den Rest schlicht verballert und was noch übrig war, durfte ich meinem lieben Freund und Hausarzt, Dr. Habib Salim, dessen Fachkompetenz sich indirekt proportional zu seinen bewundernswerten Fähigkeiten als Bombenbauer und Terrorhelfer verhält, in den gierigen Rachen schieben.

Bedanken möchte ich mich zum Schluss noch bei Pfarrer Asmus, diesem ortsbekannten homosexuellen Päderasten, dass er diese Videoaufzeichnung ohne sie vorher angesehen zu haben, auf meiner Beerdigung, die ja immerhin die letzte Party meines Lebens ist, ermöglicht hat.

In diesem Sinne rufe ich Euch ein gutgelauntes „Geht sterben, Pack“ aus dem Jenseits zu. Man sieht sich! Oder hoffentlich auch nicht!

19 Kommentare:

  1. Ganz großes Kino! Hier schau ich jetzt öfter rein.

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  2. Das Widu-Forum kondoliert und salutiert! *bumm*

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  3. Kannte Dich schon von Deinen Kommentaren zur WM in Deutschland, Du erinnerst mich ganz stark an einen ehemaligen Kollegen (Steuerberater!), der eine mindestens genauso scharfe Zunge hat.
    Hör bloß nicht auf zu schreiben!!!! Eigentlich müssten das viel mehr Leute lesen ...

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  4. Ganz großes Kino. Danke für den brillanten Start in diesen trüben Tag.

    Ich geh jetzt den Monitor abwischen. Bis dann...

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  5. Das mit den "vielen Leuten" wird jetzt schon passiert sein :-)
    Super, danke!! Hab sehr gelacht (schließlich kam ich ja auch nicht drin vor....)

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  6. Haha, das ist ja wohl mal ein ziemlich übel. Am Besten gefällt mir die Stelle mit dem Erben. Toll geschrieben. Ich musste wirklich schmunzeln. ;-)

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  7. Bis soeben dachte ich dass es Unterhaltung dieser Qualität nur gegen Bezahlung gibt...
    Hab Dank dafür!
    (Für die Statistik: ich bin über www.bestatterweblog.de hierher gestolpert)

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  8. rofl... echt derbe genial!

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  9. Sehr gut geschrieben ;)

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  10. Sehr nett.

    Ein Glück daß ich das Problem nicht habe. Die Familie kann ja drüber sprechen. :-)

    Dein Seitenaufrufe-Counter rotiert übrigens grade. :D Bin vom Bestatterweblog hergekommen.

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  11. Geil...auf so eine Idee muss man erstmal kommen...und dieser spitze unterton...LESENSWERT!!!

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  12. Geile Sache dat :D Das WÄR die Idee. Ich hab da nämlich auch so ein Pack an mir hängen ......

    Super geil ! 5 Kochlöffel

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  13. Ganz großes Tennis!
    Da merkt man erst wieder, was das IOFF mit seinen Sperrungen verloren hat.

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  14. Moah, böse *grinst ganz breit*
    aber irgendwie möchte man meinen, die Familie waren allesamt Bastarde *gg*

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  15. ...Du bist der erste Thilo.S den ich mit Vergnügen lese!!!
    Der Tipp kam vom "Bestatter"!
    Hab Dich schon im Lesezeichen gespeichert.
    Bis bald!
    LG Der kleine Tierfreund

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  16. so eher... naja. geh sterben.

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  17. Habe über den Hinweis im Bestatterweblog hierhier gefunden und kann nur sagen: WOW.

    Großartig, vielen Dank! :D

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  18. Alsoo.. Erstmal Nein Wir sind keine Bastarde ;)
    wir sind sehr liebenswürdig & vielleicht etwas geldgeil :D ... Nein sind wir auch nicht sonst würden wir die Geschichten zu Geld machen ;D
    Liebe Grüße Thilo.S Familie (:

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