Donnerstag, 21. April 2011

Satan

Mittlerweile müsste ich es ja wissen. Ich habs ja schon vor 10 Jahren hinter mich gebracht und mit Zeugen Jeohovas diskutiert. Aber NEIN, ich bin heute morgen wieder einem Zeugen in die Hände gelaufen und habe prompt wieder mit ihnen, die am Tag des Jüngsten Schnellgerichts zum himmlischen Regierungsparlament gehören werden, diskutiert.

Um es kurz zu machen: die Bibel der ZJ (ACHTUNG: nicht mit „ZDJ“ verwechseln, die sind sich gegenseitig spinnefeind!) ist die einzig wahre und richtige Bibel, die quasi von Gott höchstpersönlich geschrieben wurde, der Rest sind miese Fälschungen und stümperhafte Kopien, die vom Satan inspiriert wurden. Und natürlich hat die Übersetzung der Jehovajungs-Bibel keine Fehler, weil, hey, sie vom HERRN höchstpersönlich ausgewählt wurden.

Nun, das bringt mich schon zu der Frage, warum der HERR nun ausgerechnet die langweiligen und biederen Leute seines Fanclubs mit der WAHREN Bibel bedacht hat.

Wenn ich Satan und seit Tausenden von Jahren eine gewisse Routine in der Verführung der Menschen hätte – ich würde einfach erzählen, ICH sei Gott und würde allen Propheten inclusive Mohammed irgendwelche Fälschungen unterjubeln. Aber sowas von „mit links“ würde ich das machen, da träumte der Führer davon.

Nur mit Sprüchen und ein paar Morden wird man nicht Fürst der Unterwelt. Da muss schon mehr kommen. Subtile Beeinflussung, Lügen mit Langlaufgarantie und Fälschungen, dass es nur so kracht. Satan ist kein Depp, sondern ein ziemlich cleverer und gerissener Geschäftsmann, der genau weiß, worauf seine Kunden stehen. Und wenn es nur die Überzeugung ist, die „richtige“ Bibel zu lesen und später mal die Geschworenenbank beim Jüngsten Gericht zu geben. Eitelkeit war ja auch schon immer eine der Todsünden.

Möglicherweise sitzt ja Satan auch gerade neben mit und gibt mir diese unheiligen Worte ein, damit ich die wahren Verfechter und Zeugen des HERRN ob meiner Zeilen verwirren und vom rechten Pfade abbringen möge.

Andererseits könnte durch mich durchaus ja auch der HERR schreiben, um seine Schäfchen zum Nachdenken zu inspirieren und sie vom fatalen Pfade Satans abzubringen, damit sie sich IHM mehr öffnen.

Man weiß es nicht, man weiß es nicht, was sie sich so einfallen lassen, die himmlischen und höllischen Geschäftsführer. Ich finde das sehr verwirrend und hinzu kommt ja auch noch der sogenannte „freie Wille“, der, wie wir aus neuesten Ergebnissen der Hirnforschung wissen, ja auch nicht so unbedingt frei ist – wobei Hirnforscher bei strenggläubigen und tiefreligiösen Menschen ja sowieso ins Leere greifen würden.

Vielleicht war es tatsächlich Satan, der Kant und Schopenhauer und Freud beim Schreiben über die Schulter schaute und ihnen „bessere das mit dem kategorischen Imperativ nochmal aus“ zuraunte.

Im Grunde glaube ich persönlich ja fest daran, dass Gott irgendwo im Urlaub ist und sich in der Karibik die Sonne auf den Pelz brennen lässt, während Satan irgendwo ein Penthouse-Büro an der Upper-Eastside hat, von wo aus er den Zins neu erfindet und spannende Deals einfädelt.
Um eine Eintrittskarte in die Hölle zu erhalten, muss man schließlich heute nicht mehr mit dem Eigenblut einen Seelenkaufvertrag gegenzeichnen.

Dazu genügt im 21sten Jahrhundert nach Christus ein einfacher Darlehensantrag bei der Hausbank.

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