Mittwoch, 2. November 2011

Stadtbummel durch Buda

Manchmal, wenn mein Konto ein bisschen überläuft, mache ich eine Städtereise, um mich weiterzubilden und fremde Länder, Menschen und Gerüche kennenzulernen.

Natürlich würde diesbezüglich auch eine Fahrt nach Offenbach am Main genügen, aber weil ich das schon kenne, bin ich dieses Jahr nach Budapest gereist.

Budapest ist, wie man weiß, die unverhältnismässig große Hauptstadt eines verhältnismässig kleinen Landes, nämlich Ungarn und trägt auch die Bezeichnung "Paris des Ostens", ich schätze, weil es in beiden Städten die gleich große Menge an Hundescheisse gibt.

Der Ungar selbst ist sehr gastfreundlich, aber nur dann, wenn er einen anderen Ungarn zu Gast hat. Was Touristen angeht, begegnet er denen mit unangemessener Arroganz, was auch der Grund sein dürfte, warum jeder Eroberer dieses Landes gesehen hat, dass er das Teil schnell wieder los wird.

Ungarn selbst blickt auf eine wechselvolle 1000-jährige Geschichte zurück, als die Ungarn, damals noch unfähig, selbst einen Staat auf die Beine zu stellen, ins pannonische Becken einfielen, die dortigen Bewohner kurzerhand abmurksten und anschliessend den anderen Nachbarstaaten durch räuberische Einfälle gehörig auf den Sack gingen und wer je in einer mitteldeutschen Fußgängerzone stundenlangen Bettelkonzerten ungarischer "Touristen" zuhören musste, der weiß, dass sich bis heute daran nichts geändert hat.

Die ungarische Sprache selbst wurde von Gott augenscheinlich als letztes vergeben, da die meisten Buchstaben schon aus waren und nur noch s,c,z und ein ganzer Haufen von ´ zu haben waren.

Wir benötigen aber dieses historische Vorspiel, um die Ungarn und speziell Budapest zu verstehen.

Budapest besteht eigentlich aus zweieinhalb Städten, nämlich Òbuda, Buda und Pest. Ursprünglich wollten diese Städte nichts voneinander wissen, aber seit der leichtsinnige Graf István Széchenyi 3 Tage auf eine Fähre warten musste und deswegen auf die wirklich revolutionäre und völlig neue Idee kam, eine Brücke über die Donau zu bauen, bekamen die Ungarn tatsächlich bereits im Jahre 1849 (nur 900 Jahre nach der Besiedlung jener Städte) eine Brücke, die die Stadtteile verband. Seitdem fahren die Ungarn über die Donau, um sich gegenseitig zu beschimpfen.

Buda ist der älteste Stadtteil und ist auf einem Hügel erbaut, von dem Hügel gegenüber haben die Ungarn - Thema Gastfreundschaft - ihren ersten Missionar, den heiligen Gellért, in einem mit Nägeln gespickten Fass sehr zur Freude der Umstehenden herunterkullern lassen, weil er Ausländer war. Heute steht an der Stelle sein Standbild und guckt auf die Donau, womit wir das erste Wahrzeichen und auch gleich den Hauptexportartikel der Ungarn bis zum Spätmittelalter abgehakt hätten, nämlich originelle und besonders grausame Foltermethoden.

Budapest ist die einzige Stadt, die mit heroischen Standbildern von im Rest Europas zu Recht völlig unbekannten Ungarn geradezu gespickt ist, so treffen wir auf dem Burgberg beispielsweise auf das Reiterstandbild von Futaki Hadik András gróf, der dort in einer prächtigen Husarenuniform grüsst. Bekommen hat er das Standbild für eine typisch ungarische Grosstat: während die Preussen im 7-jährigen Krieg nicht zu Hause waren, war er mit seiner Reiterei in Berlin eingefallen, hat einen Sack Damenhandschuhe erobert und ist wieder abgehauen, bevor die Preussen zurückkamen. Ansonsten hat er jede Schlacht mit einem ernstzunehmenden Gegner verloren.

Der Hauptzugang zur Altstadt ist jedoch das Bécsi kapu, von dem man einen wunderbaren Blick auf den "Burger King" Richtung Moszkva tér hätte, wenn keine Häuser im Weg stünden. So kann man jedoch immer noch eine prima Telefonzelle sehen, wahrscheinlich eine der letzten in ganz Europa, da sich das Mobilnetz von Ungarn ungefähr auf dem Stand von 1942 befindet.

Von dort aus gehen wir am Geburtshaus Gezá Bedáks (dem Erfinder der sich gegen den Uhrzeigersinn drehenden Drehtür) vorbei zum Militärmuseum, in dem sich interessante Zeugnisse aller ungarischen Niederlagen befinden und in dem es von Italienern wimmelt, die sich freuen, dass es ein Volk gibt, das noch mehr Kapitulationen auf dem Buckel wie sie selbst hat. Immerhin aber können die ungarischen Kinder dort echte Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg befingern, wovon sie auch ausgiebig Gebrauch machen, wer weiss, wann sie sich mal wieder besiegen lassen wollen.

Von Museum aus folgen wir der Úri utca. vorbei am Geburtshaus von Károly Búnzky, dem Entdecker der Buchdruckkunst, der zeitlebens daran litt, dass es keine ungarischen Bücher gab, die er hätte drucken können, weiter an der Deutschen Botschaft entlang (die beiden Angestellten finden Sie in der Regel hinten im Hof beim Rauchen, wenn sie nicht gerade beklauten Touris Geld für die Rückflucht leihen) hin zum oben genannten Reiterstandbild von Futaki Hadik András gróf. Dort wenden wir uns links, nicht ohne zwischendurch im berühmten und berüchtigten Ruszwurm cukrászda eine Gerbeaud-Schnitte (ein Süßgebäck, das einem die Rosette zusammenzieht) widerlich gefunden zu haben und dessen Inhaber entweder von unzufriedenen Eroberern erschlagen wurden oder an Zuckerkrankheit starben.

Jetzt befinden wir uns dann auch schon auf dem Szentháromság tér, wo wir von japanischen Touristen umzingelt werden, die ihre Stadtpläne verkehrt herum halten. Ich könnte jetzt ein paar Worte über die Kirche da verlieren, aber wir wenden uns jetzt zuerst einmal nach links in die Országház utca, die wahrscheinlich nach einer weiteren Pappnase mit einer sinnlosen Erfindung benannt wurde und laufen, vorbei am Geburtshaus von Tibor de Hevesy (dem berühmten ungarischen Chemiker, der die Essbarkeit von Styropor bewies) bis zum Ende, wo die Mária Magdolna Kirche (benannt nach Mária Magdolna, der zu Unrecht vergessenen zweiten Ex-Freundin von Johánnez Tauferisz) oder vielmehr ihr Rest steht, weil die Ungarn zu faul waren, das Teil nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen.

Jetzt gehen wir, vorbei am Geburtshaus von Zoltán Fázekas (dem berühmten ungarischen Torwart, der die traumhafte Zahl von 16 kassierten Toren - in einer Halbzeit - hält), rechts die Fortuna utca wieder hinunter, in der sich das einzige Hotel in Europa befindet, in dem die Gäste für Übernachtungen auch noch bezahlt werden (und das trotzdem nie ausgebucht ist), seit dort der erste Fall von Schweinegrippe in Europa bekannt wurde.

Schon befinden wir uns auf dem Hess András tér, benannt nach dem zweiten Buchdrucker, aber dem ersten Buchdrucker, der ein ungarisches Buch druckte.
Und pleite ging, weil keiner die Schwarte kaufen wollte. Hier stand vor Zeiten ein Dominikanerkloster, das jedoch von den Dominikanern fluchtartig verlassen wurde, als sie bemerkten, dass sie in Ungarn gelandet sind. Dafür hat der ungarische Architekt Béla Pinter hier das Hilton hingebaut und es wäre sicher ein prima Hotel geworden, wenn er vorher die Reste des Klosters weggeräumt hätte. So aber stehen dessen Trümmer heute in der Hotellobby herum und allen im Weg und man hört öfter mal das Scheppern von zerspringendem Geschirr, wenn mal wieder eine Bedienung über ein aus dem Boden ragendes Säulenkapitel gestolpert ist.

Hier steht auch die von dem ungarischen Bildhauer József Damkó geschaffene Statue von Papst Innozenz XI., die eigentlich den heiligen Petrus zeigen sollte, aber aufgrund der Unfähigkeit des Bildhauers schliesslich mit dem Papst assoziiert wurde, dem sie am ähnlichsten sah.

Vor uns ragt nun die Mátyás templom empor, vor der immer noch die japanischen Touristen stehen, deren Reiseführer ihnen gerade erzählt, sie stünden vor Notre Dame. Hier fanden die Krönungszeremonien von Károly Róbert, Ferencz Jozeph I. und Karoly IV. statt, sämtliche Könige unterlagen übrigens in den von ihnen geführten Kriegen. Sie ist deshalb auch unter dem Namen „Krönungskirche der Verlierer“, aber auch "Verkérszhindérnisz" bekannt.

Davor sehen wir Richtung Donau die sogenannte "Fischerbastei", eine eigentlich extra zu touristischen Zwecken erbaute Aussichtsplattform, deren Name an die tapferen Fischer erinnert, die während der Türkenbelagerung die Burg als Letzte verliessen - schlicht, weil sie von den kopflos fliehenden ungarischen Truppen vorher nicht durchgelassen wurden.

Hier beschliessen wir auch unseren vormitternächtlichen Rundgang für heute im berühmten Litea Könyvesbolt és Teázó bei einem guten Glas Tokajer, was um so schwieriger ist, weil das Litea Könyvesbolt és Teázó ein Buchladen ist, der um diese Zeit schon geschlossen hat.

1 Kommentar:

  1. :) ein schöner Reisebericht... bitte von mehr Städten! Waren Sie schon mal in Amsterdam? Das stünde ganz oben auf meiner Liste. Und Innerlands kann ich nur über Würzburg sagen das es die Stadt mit den meisten Kaumgummiflecken auf dem Asphalt ist :)

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