Sonntag, 24. August 2014

Stadtbummel durch Rom

Wer je nach Rom gefahren oder geflogen ist, der weiß, dass er neben einem prallen Portemonnaie auch einen sehr langen Geduldsfaden mitbringen muss, denn wie bekannt ist, pflegt der typische Italiener seine nicht mediterranen Nachbarn mit ausgesuchter Herzlichkeit und einem prallen Vergnügungsprogramm zu unterhalten und stolz seine Kultur zu präsentieren.

Es geht auch sofort nach der Ankunft los: Nach einer filmreifen Landung mit der etwas älteren Alitalia-Maschine küssen wir, nachdem wir pflichtschuldig dem Piloten für seine Arbeit, uns nicht getötet zu haben, applaudiert haben, ganz papstgemäss den italienischen Mutterboden aus Dankbarkeit. Und nehmen gleich, nachdem wir am römischen Flughafen Fiumicino angekommen sind, an dem typisch italienischen und heiteren Ratespiel „finde den Koffer“ teil, bei dem sich das Flughafenpersonal den Spaß macht, zuerst ein falsches Gepäckband anzugeben, dann mit den Reisenden ein Riesen-Palaver zu veranstalten und schließlich das Gepäck mit einstündiger Verspätung auf einem völlig anderen Band dann doch herauszurücken. Du bist nassgeschwitzt, müde, entnervt und Du merkst: Du bist in Italien.

Nachdem wir mit einem lebensmüden Taxifahrer, der selbstbewusst weiß, dass Ampeln und sonstige Verkehrsvorschriften lediglich Beweischarakter für die Schuldfrage haben, falls es doch einmal kracht, in kürzester Zeit die Strecke vom Flughafen zum – nennen wir es freundlich – pittoresken Hotel in der Innenstadt zurückgelegt und bei Antonio, dem offensichtlich griechischen Rezeptionisten, eingecheckt haben, machen wir uns auch schon von unserem Hotel in der Via del Tritone auf zum ersten touristischen Höhepunkt, der sogenannten „Spanischen Treppe“.

Wir gehen hierzu die Via Zucchelli, benannt nach dem ersten Italienier, der sich beim Klauen hat schnappen lassen, ganz nach oben bis zu dem Stand, an dem es sehr günstige originale Dolce&Gabana- Sonnenbrillen mit Echtheits-Garantie so um die 5,- € gibt, rüsten die komplette Familie aus und folgen dem Straßenverlauf, vorbei an der hübschen kleinen Kirche „Santa Maria in vino veritas“, bis wir am Ende der Via Sistina auf ein Baugerüst treffen. Das ist die berühmte Spanische Treppe, an deren oberen Ende die hübsche kleine Kirche „Maria in menstruatione“ steht und in deren Mitte sich ein Obelisk befindet, den die Römer irgendeinem Volk geklaut haben, als es gerade nicht hinsah.

Apropos Römer: Die Bevölkerung Roms selbst setzt sich im August ja aus 80% Touristen (davon 97% aus Asien), 10% Kneipenbesitzen, 8% Taschendieben, 1% Polizisten und einem weiteren Prozent „Sonstigen“ zusammen, da sich die Römer cleverer Weise während der heißen Monate ans Meer verdrücken und erst im Januar zurückkehren.

Wir laufen die Spanische Treppe hinab, vorbei an erschöpften chinesischen Reisegruppen, die ihre Portemonnaies suchen, bis wir unten auf dem Piazza Alberto Spagna treffen, der sich trotz der umliegenden Modeläden mit seinen handgefertigten Batiktüchern aus 100% Kinderarbeit hervorragend über Wasser hält. Wir wenden uns nach rechts, vorbei an dem Baugerüst, das die hübsche kleine Kirche „Maria in spaghetti bolognese“ umhüllt, weswegen wir auch das von dem eher nicht berühmten italienischen Bildhauer Pescatore Avanti gestaltete Eingangsfresko nicht sehen können, bis wir bei einem algerischen Feinkostladen unsere erste typisch italienische Mahlzeit zu uns nehmen. Um 40,- € ärmer gehen wir dann die Straße bis ans Ende zum Piazza del Popolo, dem „popeligen Platz“, wie er auf Deutsch heißt, wo wir gemeinsam mit einer maßlos enttäuschten indonesischen Reisegruppe zwei sehr hübsche eingerüstete Brunnen bewundern können. Hier sehen wir auch das Eingangstor der alten aurelianischen Stadtmauer, durch das eine recht enge Straße führt, an der man heute noch die Abdrücke der vielen Außenspiegel sieht, die sich die Römer im Laufe der Jahrzehnte dort abgerissen haben.

Wir wenden uns nun nach links in die Via de Ripetta, die „Straße des Rippers“, vorbei am Gerüst, das die hübsche kleine Kirche „Santa Maria influenza“ verdeckt und folgen dem Straßenverlauf bis hin zum Mausoleum des Augustus, der seine ewige Ruhe seit dem Zeitpunkt nicht mehr hat, zu dem die Stadt zu seinem einst außerhalb liegenden Grab hingekrochen ist. Dort stellen wir dann fest, dass das Mausoleum auch als Parkhaus durchgehen könnte und wenden uns nach links in die Via del Pontefeci, wo wir einmal mehr feststellen, dass der Satz „Wir müssen Schlitze klopfen, um die Elektroleitungen zu verlegen“ keine Entsprechung im Italienischen hat.

Wir laufen weiter der kantonesischen Reisegruppe nach, bis wir uns auf der Via del Corso, der „Straße der Corsos“, nach rechts wenden, vorbei am der hübschen, aber leider eingerüsteten Kirche „Maria con carne“ und bis zum Piazza Colonna laufen, auf dem sich ein etwas langweiliger eingerüsteter Brunnen und die eingerüstete Säule des Marc Aurel befinden, auf der er die Welt über seine größten Siege belügt.

Hier wenden wir uns am Einkaufscenter nach links in die Via di Sabini, die Sabinestraße, wo wir uns bei einem algerischen Straßenhändler, der es irgendwie nach Italien geschafft hat, mit gekühltem Leitungswasser für einen Euro die Flasche eindecken.

Weiter geht es ganz geradeaus, am Baugerüst der hübschen kleinen Kirche „Maria in dolce vita“ vorbei, bis wir den Piazza di Trevi erreichen, wo wir gemeinsam mit einer japanischen Reisegruppe das Baugerüst des weltberühmten Trevi-Brunnens bewundern. Dort nehmen wir auch im „American Icecream-Store“ unser erstes berühmtes italienisches Gelato oder Gelati zu uns, wofür wir 40 Öcken ausgeben.

Wir halten unsere Geldbeutel fest und irren hinter einer koreanischen Reisegruppe durch das Gedränge die Via del Lavatore, die „Straße der Toilettenhäuschen“, entlang und treten dabei nur einmal in eine Touristenfalle mit dem Namen „Ristorante al Presidente“, wo wir für ein paar traurige Spaghetti mit enttäuschender Sauce knapp 50 Lappen für die komplette Familie berappen. Weiter geht es die Vicolo Scanderbeg, benannt nach der gleichnamigen SS-Division, entlang, bis wir die Via della Dataria , die „Straße der kleinen Wurfpfeile“ erreichen, wo wir die hübschen Eingangsfresken der kleinen Kirche „Maria indisponenta“ bewundern könnten, wenn sie nicht von einem Gerüst verdeckt wären.

Hier besteigen wir mit viel Keuchen und unter halblaut gemurmelten Flüchen die berühmte, von Michelangelo nicht gestaltete Treppe hinauf zum Quirinal, auf dem sich ja bekanntlich der Präsidentenpalast befindet, der aber derzeit nicht eingerüstet ist, was er mit dem Dioskurenbrunnen gemeinsam hat. Dieser Brunnen beinhaltet natürlich einen Obelisken, dafür wurden den beiden Dioskuren die ursprünglich bronzenen Zügel, mit denen sie die Pferde hielten, irgendwann einmal geklaut und dürften sich mittlerweile eingeschmolzen in irgendwelchen Motoren osteuropäischer Bauart befinden.


Wir bewundern den hervorragenden abendlichen Blick über die Dächer und Baugerüste Roms, bevor wir uns wieder auf den Heimweg machen, denn es wird dunkel in den Gassen Roms und das ganze Gelichter taucht langsam auf, gegen das die italienische Polizei seit den Barbareneinfällen machtlos ist. Wir halten noch einmal kurz beim Spar-Markt an der Via del Traforo, der Trafo-Straße, und decken uns mit italienischem Bier ein, mit dem wir uns hemmungslos im Hotel nach einem anstrengenden, aber schönen Tag in der ewigen Stadt betrinken, während uns von draußen die Polizeisirenen in den Schlaf begleiten. Und morgen werden wir die Gerüste ums Kolosseum und die Trümmer des Forum Romanum bewundern. Morgen ist auch noch ein Tag. Hoffentlich.

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