Die
ersten Bestellungen meiner Frau vom gestrigen Tage trafen heute ein.
Ein Zwiebelschneider, der auch Beton schneidet, ein Messerset, mit
dem man auch Sofakissen aufschlitzen kann und ein Kirschkernkissen,
auf dem man wunderbar schläft, aber nur, wenn man tot ist. Ich bin
gespannt, was noch kommt.
Große
Aufregung in Deutschland. Mehmet „Fußball ist ein
Mannschaftssport“ Scholl hat Mario „was wollt ihr, ich hab doch
getroffen“ Gomezziemlich übel beleidigt, weil er ihn vor dem
Wundliegen beschützen wollte. Das nehmen dem Mehmet ziemlich viele
Medien krumm, vor allem diejenigen, die „Supermario“ in den Titel
setzen, wenn der zufällig in einen Ball fliegt. Merke: success
counts, egal wie.
Aber
kommen wir zum Knallerspiel des heutigen Abends: der Geheimfavorit
Frankreich gegen den Geheimfavoriten England. Die Franzosen sind ja
dafür bekannt, keine Lust mehr zu haben, wenns schief geht, während
die Engländer dieses Jahr ausnahmsweise mal ihre Mannschaft nicht
über den grünen Rasenklee loben, weil ihre Deppenwalze Roooooooney
gesperrt ist. Wir dürfen also ein Knaller-Spiel erwarten.
Eigentlich.
Aber,
sagen wir es so: wenn Fußball die Fortsetzung des Krieges mit
anderen Mitteln ist, dann sehen wir hier zwei Verbündete miteinander
und nicht gegeneinander spielen. So eine Art „Entente Cordiale“,
einen Nichtangriffspakt, ein herzliches Einvernehmen, ja, eine
Freundschaft gar. Anders ausgedrückt: ich habe noch nie ein
Fußballspiel gesehen, das im Gehen geführt wurde.
Sicher,
die Engländer machen versehentlich in der 30sten Minute das 1:0,
aber beiden Mannschaften ist dieser Zufallstreffer derart peinlich,
dass sie den Franzosen, die deswegen viel geweint haben, nur 9
Minuten später das 1:1 gönnen. Und nachdem es nicht gegen
Deutschland geht, sind beide Mannschaften recht zufrieden damit. Der
Einzige, der die Ruhe gelegentlich stört, ist Ribery, den wohl
niemand informiert hat, dass heute „Dabeisein“ alles ist und
weitere peinliche Tore unerwünscht sind.
Nur
so ist es zu erklären, dass der kleine hässliche Franzose, der in
einer feindlichen deutschen Mannschaft als Legionär dient, keine
Anspielstationen findet, die am Ende vielleicht noch das Bild eines
unfähigen Torwarts im englischen Tor offenlegen könnten, denn was
der englische Keeper zu bieten hat, wäre bereits in der dritten
deutschen Liga ein Entlassungsgrund – und zwar für jeden
Feldspieler, so er im Tor Vertretung machen müsste. Der italienische
Schiedsrichter gerät nur dann in haarige Situationen, wenn er ein
französisch-englisches Liebespärchen auf dem Rasen unterbrechen
oder irgendwelche wilden Knutschereien unterbinden muss. Ansonsten
tut sich nicht viel. Beide Mannschaften schlendern im warmen
ukrainischen Sommer über den Platz und betreiben Fußball als das,
was er ist: die schönste Nebensache der Welt. Zumal bei einer EM.
In
der Pause wird Kathrin Müller-Dingenskirchen hinter der Kamera Olli
Kahn fragen, ob er das Spiel auch so endgeil wie sie findet und Olli
wird „zweimal nein“ antworten.
Nach
schier endlosen 90 Minuten jedenfalls geht die französisch-englische
Freundschaft zuerst in die Kabine und dann zusammen ins Kino, wo sie
Händchen halten und sich mental auf ein Treffen mit den bösen
Deutschen vorbereiten. Auf die Frage meiner Frau „guckst Du
Fußball?“ habe ich jedenfalls wahrheitsgemäß mit „nein, einen
Liebesfilm“ geantwortet.
Dementsprechend
gruselt es mich auch vor dem zweiten Knallerhammerspiel des Abends:
der Geheimtipp Ukraine gegen den noch viel geheimeren Geheimtipp
Schweden. Der Bär trifft den Elch, der Mongole trifft den Wikinger,
gelbe Trikots treffen auf gelbe Trikots.
Wer
nun erwartet hat, dass das ein langweiliges und hilfloses Spiel wird,
der wurde nicht enttäuscht. Vielleicht liegt es daran, dass man die
Fans, die alle einheitlich in Gelb gekleidet sind, nicht
auseinanderhalten kann, vielleicht sind die Ukraianer und die
Schwedianer von den gelben Schärpen in den blauen Trikots der alten
Schweden irritiert, es tut sich nichts. In den ersten 5 Minuten
tasten sich die beiden Langweiler noch ab, in den anderen 40 Minuten
tun sie das auch.
Es
ist ja nicht so, dass das Kanonenfutter da unten ohne Herz spielen
würde, nur leider ist es anscheinend das Herz von Synchronschwimmern
und nicht von Fußballern. Ich gebe gerne zu, dass ich ein wenig
eingenickt bin und mich nur die Feststellung von Olli „ich kahn
nicht mehr“, „die Mannschaften würden sich abtasten“ aus
meinem erotischen Traum geweckt hat.
Allerdings
haben wohl die Trainer beider Mannschaften ihren Gelbsüchtigen in
der Pause erklärt, dass, wenn sie es schon nicht gegen so einen
drittklassigen Gegner wie den derzeitigen packen, es gegen England
und Frankreich so ein ganz kleines bisschen noch viel schwieriger
werden könnte, hier bei der EM weiterzukommen.
In
jedem Fall regt sich nach der Halbzeit so etwas wie intelligentes
Leben auf dem Platz, denn zuerst dürfen die Schweden ein Tor
schießen, danach die Ukrainier zwei davon. Nach 90 Minuten und einer
Nachspielzeit, die den sich abwechselnd auf dem Boden windenden
Memmen gewidmet ist, endet eine sehr – nennen wir sie nett:
„durchwachsene“ - Partie mit einem nicht unverdienten aber auch
nicht verdienten Sieg der Ukraine über die entsetzlich
bemitleidenswert spielenden Schweden und ich frage mich, warum die
UEFA darauf besteht, eine EM ausgerechnet in Ländern auszurichten,
deren Nationalmannschaften an besseren Tagen Pausenfüller und
Sparringspartner für ernsthafte Teams sind. Was kommt als
Übernächstes? EM in der Türkei oder in Albanien oder San Marino?
Insgesamt
war der heutige Spieltag so spannend wie eine Kerner-Show. Schalten
Sie also auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl solche Sätze
sagt wie „das Spiel wird anhand der Tore entschieden“.
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