Montag, 26. Januar 2015

Fitness last - First part

Im Leben eines jedes Mannes der deutschen Mittelschicht kommt irgendwann der Zeitpunkt, in dem ihn ein bis dahin jedenfalls guter Freund beiseite nimmt und sagt „wir müssen jetzt ins Fitnessstudio, um fit zu werden, der Midlife-Crisis entgegenzuarbeiten, den Body zu stählen, um mit den jungen Hüpfers mithalten zu können und überhaupt“.

Das Problem dabei – ich habe dazu keine Lust. Nicht das geringste Verlangen, mich zum Löffel zu machen und zwischen kleinen Muskelmännchen mit Tattoos und HartzIV-Bezug und top-gestählten Mit-Dreißigerinnen mit reichen Ehemännern und Kindermädchen meine Wampe auszupacken und keuchend auf einem Laufband herumzulatschen. Wenn ich das möchte, dann trage ich meiner betagten Mutter einen Kasten Wasser in den vierten Stock, das sollte als sportliche Betätigung genügen.

Aber: nach zwei Nierensteinen und bei etwa zwanzig Kilo fettem Übergewicht und der stets unangenehm sorgenvoll gerunzelten Stirne meines Hausarztes habe ich mich breitschlagen lassen, mich mit Peter bei einem Fitnesstempel anzumelden, auf dass ich wieder erotische Zonen statt unerotischer Krisengebiete erhalte. Mein Widerstand war gebrochen und außerdem rechnen wir das Ganze über das Firmenkonto ab. Wie immer das der Steuerberater hinzaubern mag.

So hat mich Peter also ziehend und drückend zum Eingang von „Fitness-Last“ oder wie der Schuppen heißt, hingeschleppt und wir haben dann den Aufzug in den ersten Stock genommen, weil wir ja erst zum nächsten Monatsersten beginnen wollen und man soll es am Anfang ja auch nicht übertreiben.

Drinnen im Tempel der isotonischen Durstlöscher und keuchenden Arschlöcher sitzt Mario im Trainingsanzug. Gut sieht er aus. Blond. Schöner Body, soweit ich das als Heterosexueller beurteilen kann. Solariumgebräunt. Wie frisch aus dem Fitness-Ei gepellt. Und ich denke mir: Hoffentlich muss ich später mal nicht so aussehen.

Super-Mario bittet uns herein, er trägt einen Waschbrettbauch und zwei Klemmbretter. Die gibt er uns, die müssen wir ausfüllen, wir wüssten ja schließlich selbst, wie wir heißen, hihi. Er ist auch sofort mit uns per Du, was ich persönlich in etwa so gerne habe wie ein Furunkel zwischen Hoden und Oberschenkel, aber das scheint bei den jungen und hippen Fitnesshüpfdohlen eben so üblich zu sein. Ab sofort sind wir alle eine große und glückliche Familie von fitten und gesunden Sportlern. Mens sana in corpore uno oder so. Und während wir brav unsere Namen aufmalen, erklärt uns das Mario  die Tarife.

Es gibt den Basis-Tarif für 5,- € im Monat, da dürfen wir kostenlos die Treppe in den ersten Stock benutzen. Wenn wir noch Zwoeurofuffzich drauflegen, dann führt uns unser Weg direkt in die Sitzecke und wir haben kostenlosen Zugang zum Herrenklo. Meiner Ansicht nach würde dieser Tarif bereits völlig ausreichen, aber Peter will eigentlich noch mehr Leistungen haben… Und ich dachte, er wäre mein Freund…

Es gibt da das Komfort-Paket für schmale 15,- €, da kommt dann zur Klobenutzung noch die Erlaubnis, in den Räumen herumzulaufen und den anderen beim Schwitzen zuzusehen, gelegentlich kann man auch selbst ein Laufband benutzen, wenn man eines mitbringt.

Ich würde gerne flüchten, aber Peter hat mich derart eingekeilt, dass ich ihn töten müsste, um wegzukommen. Was ich kurz erwäge. Und blöderweise verwerfe.

Peter ist kein Freund von halben Sachen und geht aufs Ganze: was kostet das Komplettpaket und was ist darin enthalten? Mario freut sich, das sieht nach einem guten Geschäft aus: Bei einer Vertragsdauer von zehn Jahren und der schriftlichen Zusicherung, die teuren Geräte nicht zu benutzen, erhalten wir für läppische neunundneunzig Euronen und die Seelen unserer Erstgeborenen  freien Zugang zu allen Sportgeräten inklusive einer Fettrüttelplatte (was bei mir sehr niedlich aussehen wird), die sich „Bauer-Blöd“ oder so nennt, dürfen sämtliche Wasserhähne KOSTENLOS benutzen und Leitungswasser trinken, soviel wir wollen, wir bekommen ferner eine kleine Trinkflasche mit Luft drin, ein Plastikarmbändchen, auf dem unsere individuellen Namen stehen und das wir an Spinde halten können, ohne dass etwas passiert, einen ebenfalls schwer individuellen Trainingsplan, vom Azubi persönlich aus dem Internet abgeschrieben,  das Versprechen, sich nicht an den Trainingsplan halten zu müssen, ferner können wir das Solarium, das Kolloquium, das Aquarium und das Terrarium jederzeit anschauen oder zum Fenster ´rausgucken und außerdem dürfen wir die Stellplätze des Studios kostenlos nutzen, wenn wir noch zwanzig Euro drauflegen. Im Gegenzug geben wir das Gelöbnis ab, nicht irgendwelchen geheimnisvollen Krankheiten zu haben und den Tempel der Übergewichtigen und Unterbelichteten nicht zu verklagen, falls wir uns den Brustkorb mit einer Hantelstange zerdrücken oder vom Laufband in die lachende Zuschauermenge geschleudert werden.

Wir haben dann für uns als kleines Benefit die Berechtigung herausgehandelt, uns die Filme aus der Überwachungskamera der Frauen-Umkleide auf Youtube ansehen zu dürfen und uns so mit Super-Mario geeinigt.

Am nächsten Ersten geht es los. Eine individuelle Fitnesstrainerauszubildende wird uns dann unseren individuellen Fitnessauszubildendentrainingsplan vorstellen und ich Depp muss dann in den ersten Stock laufen, obwohl ein Aufzug vorhanden ist, bei dem sich der Architekt sicher auch etwas dachte.


Ich werde weiter berichten.

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