Donnerstag, 12. Juni 2014

Thilos WM-Tagebuch 2014 - Tag 1, morgens: Heute geht’s lohoooos...

Jaaaaa, hurra, es ist wieder so weit. Die Hausmesse des internationalen Fußballs findet wieder statt, die Menschen rund um den Fußerdball waren schon so gelangweilt, dass sie sich gegenseitig mit Kriegen überzogen haben. Zumindest da, wo das Fußballspielen aus religiösen Gründen verboten ist.

Die Fifa hat es gut gemeint, aber „fußballverrückt“ mit „fußballübergeschnappt“ verwechselt und diese WM versehentlich ins Mutterland des Fußballs, nach England vergeben. Leider hat sie das nicht kommuniziert, weswegen sich die Völkerballspieler der Welt in Brasilien getroffen haben. Die Bevölkerung dort freut sich derart, dass sie immer wieder spontan Freudenfeuer entzündet. Aus Reifen, Autos, Häusern oder Polizisten.

Ich für meinen Teil muss sagen, dass dies für mich die pessimistischste WM meines bisherigen Lebens ist und tendenziell nur noch von der WM in Katar getoppt werden wird: Jogi Löw ist immer noch Trainer, Podolski immer noch ein „Talent“ und Klose immer noch aktiv. Es scheint sich bei unserer Mannschaft weniger um eine Nationalmannschaft als vielmehr um Jogis Freundeskreis zu handeln. Wenigstens haben die Leute darauf verzichtet, einen WM-Song einzuspielen. Und Ballack ist immer noch nicht wieder Kapitän. Aber vielleicht gestattet es die Fifa mit etwas gutem Zureden ja, den deutschen Spielern die Benutzung sogenannter „Gehfreis“ zu gestatten.

Aus diesem Grunde habe ich mich dieses Jahr nur am Rande mit so brennenden Fragen wie hängenden Achtern, falschen Sechsern, Doppelnullen, Dreikäsehochs, Mittelfeldrauten, Angriffsdreiecken und der kalten Schulter von Manuel Neuer beschäftigt. Ich tippe auf Viertelfinale und dann Rückflug, es sei denn, es ginge gegen England, weiß aber, dass ich mir vermutlich in 14 Tagen erstaunt die Augen reibe, weil sich Jogis Jungs anyhow ins Halbfinale getaumelt haben. Wo sie auf Italien treffen werden.

Jeder, der behauptet, Deutschland könne Weltmeister werden, sollte sich umgehend auf seinen Geisteszustand untersuchen lassen und Co-Moderator im ZDF werden. Machen wir uns nichts vor: Löw legt augenscheinlich mehr Wert auf Außenwirkung als auf spielerische Klasse. Wer es nicht glaubt, der mag Stefan Kießling fragen. Aber sie haben ein nettes Hotel in Brasilien mit vielen lustigen Insekten, die da wohnen.

Was wird uns sonst noch erwarten? Oliver Kahn. Oliver Kahn wird wieder herumanalysieren, wenn Mehmet Scholl verhindert ist. Beckenbauer dürfte bei Jauch vor sich hin experteln und Urs Meyer die Schiedsrichterallzweckwaffe sein. Und wenn es blöd läuft, dann müssen wir auch Waldemar Hartmann wieder ertragen. Oder, schlimmer, Lothar Matthäus.

Die Kanzlerin wird sich wieder, hihihi, im rosa Glücksblazer ausgelassen freuen (sie wird lächeln), Löw wieder beim Nasenbohren erwischt werden, Maradona kurz beim Heulen zu sehen sein und gebe der Fußballgott, dass wir auf die USA treffen und gegen Klinsis Showtruppe gewinnen.

Und da die Türkei nicht mitspielen darf, müssen wir dieses Jahr auch keinen Bürgerkrieg fürchten. Allerdings müssen wir auch wieder alle Spiele in voller Länge gucken und nicht immer nur die letzten 5 Minuten, in denen die Türken traditionell ihre Tore machen. Außerdem werden die Italiener wieder wie die Kegel im Strafraum fallen, die Engländer „die beste Mannschaft aller Zeiten“ haben, die Niederländer unsympathisch sein und weiterkommen, übrigens im Gegensatz zu den Australiern, bei denen es umgekehrt sein wird. Sämtliche „Geheimtipps“ werden nach der Vorrunde nach Hause fahren und das könnte durchaus Deutschland einschließen, ferner werden wir die Kroaten bei ihrem 11-0-0-0 System bewundern können.

Ansonsten gibt es dieses Jahr das „Goal-Control“-System, das ganz klar anzeigt, ob der Ball im Tor war. Wenn sie Strom haben, was in Brasilien nicht immer so ganz selbstverständlich ist. Ansonsten raten wir einfach wieder.

In diesem Sinne verspreche ich hiermit, mir ab Viertelfinale diese lustigen Rückspiegelfäustlinge in den Nationalfarben an den Renault zu hängen und mich so in das große Heer der „we support our troops in Brasilia“-Anhänger einzureihen. Aber erst dann. Es gibt nämlich Dinge, die sogar mir peinlich sind.

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