Dienstag, 1. Februar 2011

Warum Direktversicherer so günstig sind

Eigentlich ist es keine große Sache. Irgendein junger und etwas übereifriger, da frischer Kraftfahrer nimmt mir die Vorfahrt und donnert in den vorderen rechten Kotflügel vom Renault. Verletzt ist niemand, Schleudertrauma habe ich auch nicht, weil ich das Geld nicht nötig habe, wir rufen auch keine Polizei, weil der Jungspund da sonst seinen nagelneuen Lappen gleich wieder los ist, der Schädiger gibt mir sein Versicherungskärtchen, ich bring den Wagen in die Werkstatt und dann will ich mit der Versicherung des armen Teufels Kontakt aufnehmen.

Natürlich ist das Auto auf dessen Vater zugelassen und weil der ein Sparbrötchen zu sein scheint, hat er sich einen astreinen Direktversicherer ausgesucht, die „Erste- Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“.

Auf der Homepage der „Erste-Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“, kurz www.ediadic.com, gibt es ein ganz schickes Schadenformular für Geschädigte. Das möchte ich ausfüllen.

Die ersten Fragen sind einfach: Meine Daten, die Daten meines Fahrzeugs, der Schadentag, der Schadenort, der Schädiger und dessen Versicherungsnummer. Habe ich alles dank jenes kleinen knuffigen Kärtchens, wie ich heiße, weiß ich auswendig, ich gebe also alles tapfer ein und drücke auf „absenden“.

„HAAALT“ blökt mich die website an. „Bitte ergänzen Sie vor dem Absenden das Formular an den kenntlich gemachten Stellen.“ Ah, da habe ich was übersehen. Richtig, da steht es: Geburtsdatum des Fahrers des gegnerischen Fahrzeugs.

Tja.

Das habe ich nicht notiert. Ich muss ihn schätzen. Er sah jung aus und hatte seinen Führerschein neu, deswegen ja keine Polizei. Ich nehme das gestrige Datum minus 18 Jahre. Und „absenden“.

Von wegen. „Bitte ergänzen Sie vor dem Absenden das Formular an den kenntlich gemachten Stellen.“ Was jetzt? Ah, ich soll das Führerscheindatum des Fahrers ergänzen. Gut, nehmen wir das gestrige Datum. Ich bin flexibel. „Absenden“.

Geht aber nicht. Denn jetzt soll ich die Führerscheinklasse und die Nummer des Fahrers eingeben. Eigentlich geht mich als Geschädigten das einen feuchten Kehricht an, aber wenn´s der Versicherer will... Ich nehme mal Klasse C und die Nummer meines eigenen Führerscheins. Vielleicht jetzt - „absenden“?

Nein, wie durch Zauberhand gehen neue unausgefüllte Felder auf.

Personalausweisnummer, Musterungsbescheid, Schufa, Kontostand des Schädigers, Geburtsdatum von dessen Vater, Beruf der Geschwister sowie deren Namenstage, Fahrgestellnummern aller Fahrzeuge der Schädigerfamilie, kurz, wollte ich sämtliche Daten des vermaledeiten Formulars ausfüllen, dann müsste ich ein halbes Jahr in der Familie meines Unfallgegners, den ich mittlerweile als Unfallfeind betrachte, recherchieren und wahrscheinlich auch mit jedem Familienmitglied schlafen.

Möchte ich nicht.

Aber die Rettung steht rechts oben: „Unsere Hotline nimmt Ihre Schadenmeldung gerne telefonisch entgegen: Dubiose Nummer mit 0190er Vorwahl.“

Na gut. Dann mache ich den Mitarbeitern der
„Erste-Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“ eben die Freude und rufe an.

Gleich nach dem ersten Klingeln meldet sich eine freundliche Frauenstimme. Zuerst im Tonfall „glücklich“: „Guten Tag, lieber Anrufer. Wir freuen uns, Sie bei der „Erste- Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“ begrüßen zu dürfen.

Dann „sachlich eifrig“: „Der nächste freie Mitarbeiter ist bereits für Sie reserviert. Legen Sie nicht auf. Die Kosten für dieses Telefonat betragen nur 49 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz, aus dem Mobilfunk sind Abweichungen möglich.“

Soso. Klasse. Einen halben Euro pro Minute und ich höre dafür das gute alte Volkslied „Üb´ immer Treu und Redlichkeit“, während bei der „Erste- Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“ eine verzweifelte Sachbearbeiterin versucht, einen Anrufer abzuwimmeln, damit sie sich mir widmen kann. Immerhin hab ich sie jetzt ja reserviert!

Die Zeit tropft, meine Telefonrechnung auch. Nach 7,- € (ja, auch ich kann stur sein!) hebt endlich jemand den Hörer ab:

„„Erste- Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“, meine Name äst Tatjana-Maria Slonskaja Prawdaswezda, wä kann äch ähnen chälfen““ schnarrt mich eine Kasernenhofstimme so unvermittelt an, dass ich mich plötzlich wie beim Soldatenaustausch mit der Roten Armee fühle.

„Ja, also, äh, guten Tag, mein Name ist ThiloS, mir ist ein Kunde von Ihnen reingefahren, also nicht in mich, auch nichts Ernstes, aber der Kotflügel ist kaputt. Vorne rechts. Vom Renault.“

„Wä äst passierrrt?“ fragt Tatjana-Maria schlecht gelaunt.

„Ja, also, das war so, ich war auf der Vorfahrtstraße und da kam Ihr Kunde aus einer Seitenstraße geschossen, weil er mich nicht gesehen hat. Ich wollte noch ausweichen, aber er hat mich erwischt. Vorne rechts.“

„Sä sänd därr Gäschädägtä“ schlussfolgert der osteuropäische Engel und seine Stimme wird noch eine Spur kälter. „Wär äst schold?“

„Ihr Kunde“ helfe ich ihr. „Der ist mir draufgefahren. Vorne rechts.“

Kurzes Schnauben am anderen Ende. Dann nur ein Wort:

„Nain.“

Möglicherweise habe ich mich verhört. „Wie bitte?“

„Nain.“

„Wie „nein““?

„Wär send Derekversächerong, onsäre Konden bauen keinä Onfälle.“
Ich bin, und das passiert mir selten, ob dieser klaren und unmissverständlichen Ansage, sprachlos. Volle zwei Sekunden. Das ist sehr lange für mich. Dann sage ich langsam und in einfachen Sätzen, weil sie mich wohl nicht verstanden hat, die Kröte:

„Doch, cheute morgen. Ihr Kunde. Mir Vorfahrt genommen. Auto kaputt. Vorne rechts. Ihr Kunde. Mir reingefahren. Aua aua.“

Aber nicht mit ihr!

„Sä waren zo schnääl. Sonst onsäre Konde hätte sä gäsähän.“

„Nein, war ich garnicht. Er hat mir die Vorfahrt genommen. Hören Sie? VORFAHRT! ICH! VORFAHRT! IHR VERDAMMTER KUNDE IST MIR REINGEFAHREN!“

„Sä schraiän.“ stellt sie, sachlich richtig, fest. „Wär schrait hat Onrächt.“

„Moment“ mein Blutdruck beschleunigt schneller als ein Maserati „Nur, damit ich das richtig auf die Kette kriege: Sie erzählen mir allen Ernstes, Sie nehmen meinen Schaden nicht auf, weil die Kunden von Ihrem Billigheimerverein keine Schäden verursachen?“

„Rächtäg“ kommt es trocken zurück „Wär sänd Deutschlaands gönstägster Autoversächerer. Onsere Konden machän keinä Schäden. Sage auch Werrbessslogän.“

„ICH SCHEISS AUF IHREN WERBESLOGAN. MIR IST EINER IHRER GEHIRNAMPUTIERTEN SCHWACHMATENKUNDEN REINGEFAHREN UND MEIN AUTO IST SCHROTT!“

„Wänn äst Schrott, Sä waren zo schnäll. Sä sänd schold.“

„DAS KÖNNEN SIE ÜBERHAUPT NICHT BEURTEILEN, SIE DÄMLICHE BEUTEDEUTSCHE. SIE WAREN NICHT DABEI, SIE TELEFONPARTISANIN.“

„Wänn noch ain Tonn, äch bäände dem Gäsprrach. Sä machen Onfall ond wollän dann Gäld von ons. Was Sä sagän, kann jädärr bechaupten. Schäcken Sä ons Rächt san walld.“ Genau so betont. Dann legt sie auf und ich führe einen kleinen, nichtsdestoweniger heftigen Zornestanz vor meinen Schreibtisch auf.

Na klar beauftrage ich einen Rechtsanwalt. Ich rufe Andy an, mit dem ich im Gymnasium schon die Schulbank gedrückt habe und schildere ihm meinen Fall.

„„Erste-Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg““ ist der Gegner, sagst Du? Vergiss es. Das macht kein Anwalt in dieser Republik.“

„Was? Warum?“

„Es ist der Ruf der Gesellschaft. Bisher gab es noch keinen einzigen Prozess gegen die, weil jeder Anwalt, der das versucht hat, vorher einen Herzinfarkt bekommen hat. Und, ganz im Ernst: Da ist mir mein Leben lieber. Aber wenn ich Dir trotzdem einen Tipp geben darf: versichere Dich künftig bei denen. Du sparst Geld und Schäden hast Du auch nicht mehr.“

Tja. Ich habe den Gegenwert meines Schadens ja bereits vertelefoniert. Dann werde ich wohl auch mal Kunde bei denen. Und dann muss ich nur noch einen finden, dem ich beim Rechtsabbiegen die Vorfahrt nehmen kann. Dann bekomme ich auch meinen Schaden bezahlt. Von der armen Sau, die nicht bei der „Erste-Deutsche-Internet-Allgemeine-Direct-Insurance-Coburg“ versichert ist.

4 Kommentare:

  1. lach......
    So ähnlich gings mir als ich beim Umzug meinen Telefonanschluss ummelden wollte.....

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  2. ah das ist der wahre grund dieser ignorier-den-anrufer-hotline-politik

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