Freitag, 5. Februar 2016

Bauvorhof der Hölle

Vergesst die Navy-Seals, GSG9, KSK, Cobra, Speznas und wie sie alle heißen. Alles Luschen, Kindergarten, Anfänger und Sandkastensoldaten. Nein, die wirklich harten Jungs, die, die es echt draufhaben und Tag für Tag ihr Leben zum Wohle des Ganzen riskieren, die bei Wind und Wetter und manchmal sogar während der offiziellen Kaffeepause von 14.00 – 17.00 Uhr schwer mit Schraubenschlüsseln bewaffnet für Ordnung in der Welt des Wohlstandsmülls sorgen, sind die Mitarbeiter des Gemeindebauhofs.

Nicht jeder ist für diesen Knochenjob geeignet. Dringende Voraussetzung sind ein Alter jenseits der Fünfzig, eine chronische Krankheit, eine orange Warnweste und eine Wollmütze, auch im Sommer, und wer einen chronischen Raucherhusten und ein Päckchen Rothändle oder Overstolz einstecken hat, bekommt den Job.

Aber auch zwischen den gesundheitlich mindestens Angeschlagenen wird noch einmal kräftig gesiebt. Alleine die Ausbildung zum Hilfs-Bauhofmitarbeiter dauert Minuten. Wie findet man die richtige Geschwindigkeit zum Öffnen des Bauhoftores? Ist der Bauhofmitarbeiter zu schnell, versuchen zu viele Müllbürger gleichzeitig durchzuwitschen und es herrscht Chaos am Grünabfall. Ist er zu langsam, verziehen sich die Bürger und kippen den Rasenschnitt in die örtlichen Grünanlagen. Dann die richtige Sprechgeschwindigkeit. Autoritär, aber auch bestimmt und unfreundlich. Außer bei Frauen diesseits der 50. Hier darf der Bauhofsheriff auch mal lächeln. Ein bisschen. Dann: die Sprechgeschwindigkeit muss schnell, der Duktus kurz, knapp und militärisch sein, gewiefte Profis flechten Huster ein: „Bauschutt *hust* einmal rum, hinten *hust* links!“, oder „Sperrmüll nemmwa *hust* nich, wieder mitnehmen!“ Wichtig ist hierbei ein Tonfall, der keinen Widerspruch duldet.

Bauhofmitarbeiter dürfen nicht diskutieren. „Faustgroße Stücke Styropor“ sind faustgroße Stücke Styropor. Und zwar nicht der Faust von Wladimir Klitschko oder meiner Faust, sondern der Faust eines Neugeborenen. Wenn das der Bauhofmitarbeiter so bestimmt. Weil man ihm irgendwie blöd gekommen ist oder er nur einfach seinen Korn nicht zum Frühstück hatte. Was konkret bedeutet, dass der entsorgungswillige Bürger sich gefälligst unter den misstrauischen Augen des Wachpersonals vor die Styroportonne stellt und sein Styropor stundenlang mit Händen und Zähnen in die einzelnen Bläschen zerschnetzelt und hinterher aussieht, als wäre er durch einen Schneesturm gelaufen.  Und wehe, einer muckt auf! Dann wird der Grünabfall eben in Rasenschnitt, Äste, Pflanzen mit Wurzeln, Pflanzen ohne Wurzeln, Gemüse, Ziersträucher und Unkraut getrennt. Das Folterrepertoire des Bauhofmitarbeiters tendiert nämlich gegen unendlich.

Ich persönlich glaube, dass die Stelle des Bauhofmitarbeiters nur aus dem Grund geschaffen wurde, damit die Leute, die früher in KZ die Aufsicht hatten, eine Anschlussverwendung haben und ihre nahezu grenzenlose Macht über harmlose Bürger, die sich nichts sehnlicher wünschen, als ihre vollen Abfallkübel aus dem Hof zu bekommen, ausüben können ohne dabei tödlichen Unfug zu treiben. Ich glaube sogar, dass „Bauhof“ so ein typisch deutsches Ding ist. An der Rampe stehen und selektieren. Das haben wir drauf, das machen wir gerne. Ob es nun Menschen oder Gartenabfälle sind. Und in dunklen Momenten habe ich den Verdacht, auf die Antwort „ich habe hier eine Leiche, die entsorgt werden muss“ den Hinweis „einmal rum, hinten der Container vor dem Ausgang links, aber vorher Zahngold entfernen!“ erhalte.

Daher: überlasst die Grenzsicherung den Bauhofmitarbeitern. Da wird dann zwar auf niemanden geschossen, aber bei Übertritt klargestellt, dass es hier keinen Platz gibt, an dem politischer oder religiöser Extremismus entsorgt werden kann. Dann muss der Grenzübertrittswillige eben wieder nach Hause und seinen Extremismus mitnehmen.


Bauhofmitarbeiter – die harten und unbesungenen Helden im Kampf für eine sauber sortierte Umwelt.