Donnerstag, 14. Juni 2012

Tag 6: H-Day

Es ist kalt in Deutschland. Kalt und unangenehm, Der Wind treibt die Regenschauer über verödete Strassen. Es ist H-Day. Holland-Tag.

Gut, dass meine Frau den Doppelschirm für zwei Personen mit echtem Perlmut-Griff bestellt hat, so kann ich den in die Ecke stellen, weil ich sowieso nicht ´rausgehe. Stattdessen ist vorhin die Cheerleaderin eingetroffen, die meine Frau netterweise für das heutige Spiel bestellt hat., mit schwarz-rot-güldenen Pompons. Sie hat auch so Anfeuerungssprüche drauf wie „Mit Jogi Löw und Miro Klose geht die EM nicht in die Hose, wer wird Meister, ist doch klaa, Deutschland-Allemania“ oder auch „wir haben Lahm und Ihr habt Robben, drum werden wir Euch Deppen stoppen“, nicht so gut fand ich allerdings „Das war wohl ein Griff ins Klo, im Sturm spielt Gomez Mario“.

Als Vorgruppe des heutigen Spiels simulieren die Portugiesen mit den Dänen so etwas wie ein Fussballspiel. Die Dänen haben einen Sieg, die Portugiesen eine Niderlage auf dem Buckel. Dies bedeutet, dass wenn die Portugiesen heute unentschieden spielen, dann müssten die Dänen im letzten Spiel verlieren, damit die Holländer gegen die Portugiesen gewinnen, sofern sie heute verlieren. Wenn aber die Dänen durchsetzen, dass die Regel „drei Ecken gibt einen Elfer“ ab heute, 20.45 Uhr gilt, dann würde das bedeuten, dass Deutschland wenigstens im Elfmeterschiessen nach Verlängerung nicht Lukas Podolski an den Ball lassen darf, weil der schlechter Elfer verwandeln kann, als Robben, wobei er eigentlich alles nur schlechter als Robben kann und ich mich frage, was Jogi Löw geritten hat, diesen Ruhrpottparaolympioniken ausgerechnet nach Polen mitzunehmen, vielleicht hofft er ja, die behalten ihn da – aber jetzt bin ich abgeschweift in die Fussballarithmetik, entschuldigung.

In jedem Fall beginnen die Portugiesen so, als wären sie eine der Fussballmannschaften, die man bei diesem Turnier auf dem Schirm haben sollten und spielen netten und ansprechenden Fussball – oder das, was sie dafür halten. Für die erschrockenen Nordmannen, die wie die sprichtwörtlichen Nordmanntannen herumstehen, ist das eine böse Überraschung und sie kassieren aus Unfähigkeit und Entsetzen nach 24 Minuten (immerhin!) das 1:0.

Für die Dänen ist das jetzt eine Aufforderung. Leider hören sie diese nicht und die Portugiesen machen gut gelaunt nur 12 Minuten später das 2:0.

Den Portugiesen reicht das. Den Dänen reicht es jetzt. Während man sich in Portugiesien schon mit Häppchen und Käseigeln geistig auf die Halbzeit einstellt, macht irgendein Däne, keiner weiss wie, den Anschlusstreffer und es geht mit einem charmanten 2:1 in die Pause.

In der Halbzeit gibt der portugiesische Trainer die Parole „GEWONNEN“ aus und die Portugiesen ziehen sich infolgedessen selbstzufrieden in die eigene Hälfte zurück und selbst wenn sie auf Konter lauern sollten, so sieht man das nicht. Das ist jetzt etwas bräsig aus, Ronaldo nimmt eine warme Mahlzeit zu sich und die armen Dänen zappeln sich einen weg. Höhnisch vergeben die Portugiesen, wenn sie schon gelegentlich vors dänische Tor kommen, Großchancen en gros.

Bis zur 80sten Minute: da mogelt sich der kleine Däne Bendtner in einem unbeobachteten Moment zwischen ein paar portugiesische Abwehrspieler (das sind zu diesem Zeitpunkt 10 Mann) und locht zum Ausgleich ein.

Alles wieder offen.

Schade. Für die Portugiesen. Die ja schon gewonnen hatten. Jetzt rennen plötzlich beide Mannschaften wie die Gestörten, bis der portugiesische Trainer die ´nauze voll hat und einen No Name namens Varela einwechselt. Und weil der noch frisch ist, ist er auch ungestört und macht 7 Minuten nach dem Dänentor das 3:2. Das ist ungerecht, das ist Pech und das ist ärgerlich für die Dänen. Die Portugiesen holen am tragischen Schluss 3 Punkte.

Und Olli kahn kritisiert in der Spielpause Ronaldo, weil nicht der getroffen hat, die Flasche.

Danach das Kracher-Spiel des heutigen Abends: Geheimtipp Holland gegen Offizielltipp Deutschland, ein Fussballleckerbissen, ein ewiges Duell, eine ewige Rivalität, Orange gegen Schwarz/weiß, das ist Völler gegen Rijkjard (oder wie der Idiot geschrieben wurde), das ist WM 1974 und das ist – nun ja – etwas krampfig.

Gomez, die alte Flasche, die viel geweint hat wegen Frau Scholl, spielt von Anfang an das was, was er kann, nämlich gut aussehen und beide Mannschaften beginnen nervöser als ein Selbstmordattentäter, der in Badehose ein Schwimmbad sprengen will. Löw vertreibt sich die Zeit mit Kaugummi-Kauen und Balljungen ärgern, weil sich auf dem Platz nichts tut. Klar, ist ja auch Gomez im Sturm und Podolski auf dem Platz.

Das ändert sich in der 24sten Minute. Robben hatte soeben den dritten Ballkontakt und scheint, Gewohnheit ist Gewohnheit, Schweinsteiger den Ball zugepasst zu haben, der schiesst einfach mal drauf los, trifft den unglücklichen Gomez und der macht das 1:0. Tooooooor. Erste Silvesterraketen steigen auf, in der Ferne ist ein himmlischer Chor zu hören und mein Nachbar dreht das „Halleluja“ von Händel (nicht „Hendl“, wie fälschlicherweise oft geschrieben wird) bis zum Anschlag auf. Gomez, der Suoertyp, Gomez der Held, Gomez Fussballgott. Im ARD-Studio wird Scholl mit vereinter Kraft daran gehindert, sich die Pulsadern aufzuschneiden.

Aber damit nicht genug!

Plötzlich sieht es tatsächlich so aus, als wollten unsere Jungs das Spiel gewinnen und die erstaunten Niederländer sehen plötzlich Deutsche im Vorwärtsgang und schneller als Schrittgeschwindigkeit. Um das zu verhindern, werfen sie gelegentlich ein paar deutsche Spieler um, aber während 50% der Deutschen noch am Boden liegen, haben sie vergessen, Schweinsteiger und Gomez umzuwerfen und ausgerechnet die beiden machen in trauter Zweisamkeit das 2:0. Gomez, der Fussballgott, der Held der Helden, der Franz Beckenbauer der Nationalmannschaft, der Mann mit dem Fuße Gottes locht zum zweiten Mal ein. Klose beginnt, sein Trikot zu fressen, Mehmet Scholl wird erwischt, wie er sich an einem Balken im Studio zu erhängen versucht und aus der orangenen Resignation wird Verzweiflung. Ich habe ja immer an Gomez geglaubt. Immer!

Alleine: die Holländer haben es heute eher rustikal als spielerisch. Aus Zorn wird gefoult, was die Beine hergeben, getreten wie auf der Kneipp-Kur, nur Torschüsse – die sind rar. Die deutsche Verteidigung ist besser als die Heeresgruppe Kurland ´45 und die Holländer laufen sich ein- ums andere Mal fest.

So ein Lullenfussball schlaucht mit der Zeit. Und so versinken Jogis Jungs gegen Ende der Partie in einer kleinen Lethargie, was der Holländer Van Persie dreckig ausnutzt und 17 Minuten vor Schluss den Anschlusstreffer erzielt. Mit einem bösen Grantenschuss aus der Distanz.

Jetzt wird es noch einmal eng. Die Deutschen (außer Podolski, an dem die Partie mal wieder vorbeiläuft, irgendwie habe ich das Gefühl, die schneiden den da) rennen in Richtung holländisches Tor, jetzt nicht noch den Ausgleich fangen. Und so werden es noch sehr lange 17 Minuten, bis es mal wieder heißt: am Ende gewinnt Deutschland.

Oliver Kahn wird Kathrin Müller-Dingens nach dem Spiel fragen, was Gomez so weit hinten macht, er soll sich gefälligst in der Spitze aufhalten und redet damit das direkte Gegenteil von Scholl, der sich beschwerte, dass sich Gomez zu wenig um Aushilfe in der Abwehr bemüht. So viel zum Thema „Experten“.

Prügeln wir also ab jetzt auf Podolski ein, die alte Flasche.

Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl sagt „die Impulse müssen aus dem Mittelfeld kommen“.

Dienstag, 12. Juni 2012

Tag 5: Noch ist Polen nicht ganz verloren. Aber fast!

Ich bin wirklich überrascht, was man in Home-shopping-Kanälen bestellen kann. Zum Beispiel kam heute ein Gartengrill an, in dem ich mich später mal selbst kremieren kann, eine Hitler-Puppe mit Echthaar aus Taiwan, dann haben wir anscheinend einen Urlaub im aserbeidschanischen Hinterland gebucht (Mithilfe bei der Ernte fakultativ, nicht obligatorisch) und wo ich den Kampfhubschrauber russischer Baurt hinstelle, weiss ich auch noch nicht. Aber wenigstens ist mein blöder Nachbar neidisch.

Hansi Flick hat Sprechverbot. Heute soll er beim Frühstück gesagt haben, die Deutschen müssten die Holländer mit bedingungslosem Gehorsam und fanatischem Willen angreifen und deren Strafraum besetzen, Gott sei auf der Seite der stärkeren Sturmspitzen. So etwas darf man aber nicht sagen. Das ist fast so schlimm, wie Gomez das Wundliegen ersparen zu wollen. Fast.

Heute Abend ja im ersten Spiel ein absoluter Fussballleckerbissen in der Todeslangweilergruppe A: der nachwievor geheime Geheimtipp Griechenland gegen den noch streng geheimeren Geheimtipp Tschechien, die wirklich etwas reissen können, wenn sie gegen Mannschaften wie Luxemburg oder Vatikanstaat spielen. Von den Russkis haben sie aber eine auf den Sack gekriegt, dürften also dementsprechend motiviert sein.

Und das sind die Tschechen auch. Nach 3 Minuten, die Griechen griechen noch auf ihre Positionen, rauscht es zum ersten Mal im griechischen Tor. Und während die Griechen noch mit dem Schiri diskutieren, warum sie das jetzt irgendwie nicht so gut finden, zappelt der Ball schon wieder im griechischen Fischernetz.

Das ist doof. Für die Griechen. Und das Spiel.

Denn die Tschechen beschliessen jetzt, ihre Mitarbeit an der EM2012 einzustellen und stellen sich nur noch nach hinten und zeigen hervorragendes Stellungsspiel. Die Herren aus Hellas müssen nun plötzlich arbeiten und sie rackern auch, aber eben genau so, wie sie „rackern“ verstehen, deswegen kommt bis zur Halbzeit auch nichts zusammen.

In der Pause ruft Frau Lagarde den scechischen Torwart Tschech in der Kabine auf dem Handy an und bittet um Gnade für die armen Griechen, die ja außer Fussball nichts mehr haben. Peter mit der Zipfelmütze tut ihr den kleinen Gefallen und lässt nach der Pause beim Fangen mal einen Ball für einen griechischen Stürmer durch, der vor Schreck den Ball zum Anschlusstreffer verwandelt.

In Griechenland keimt Hoffnung auf, das kennen sie von ihrer Staatskrise. Und ebenso hier wie da wird diese Hoffnung enttäuscht werden. Die Griechen wollen zwar, können aber nicht, die Tschechen könnten, wollen aber nicht mehr. Die Hellenen zeigen zauberhaften Kombinationsfussball, sie kombinieren nämlich, dass hohe Bälle in den Rücken der griechischen Abwehr noch zum Ausgleich führen, leider vergessen sie dabei, da irgendwo auch Stürmer zu platzieren und so bleibt es bei einem sicher berechtigten, aber irgendwie langweiligen und unspektakulären 2:1 für den größeren der beiden Fussballzwerge. Die Hellenen können schon mal Koffer packen. Sie waren aber auch, das muss man fairerweise sagen, in der Slawengruppe ein echter Exot.

Der eigentliche Kracher folgt aber erst danach: Geheimtipp Polen gegen Geheimtipp Russland. Ein Leckerbissen für Fussballfans, wenigstens, wenn man auf bäuerliche Hausmannskost steht. Die Ausgangslage jedenfalls ist klar: 11 hässliche Polen spielen gegen 11 hässliche Russen.

Polen gegen Russland, das ist immer Kampf, das ist immer Leidenschaft, das ist immer Herzblut, das ist immer ganz große Kacke.

Die Polen machen mit den Russen zu Spielanfang das, was sie auch in der EU machen: sie stören früh. Nur leider sind die russischen Spieler in einem Alter, in dem man sich von Jüngeren eben nicht mehr unbedingt stören lässt und so werden die Russkis erst dann etwas aktiver, als die Polen mangels spielerischer Qualitäten den Ex-Sowjets die Gehhilfen wegtreten. Zu allem Überfluss hat die UEFA einen feinen Sinn für Ironie beweisen, als sie ausgerechnet einen deutschen Schiedsrichter das Spiel pfeifen lässt, der sich somit den Hass des kompletten ehemaligen Warschauer Paktes zuzieht und man darf auf geharnischte diplomatische Noten gefasst sein, sollte einer der beiden Mannschaften ein fälliger Elfer verweigert werden.

Wie auch immer, die Russen spielen heute spöttisch und mit angezogener Handbremse, was gegen die erschreckend schwachen Polskis immer noch zu einem 1:0 nach einer Standardsituation reicht.

In der Pause jedenfalls scheint der polnische Träner seinen Schützlingen erklärt zu haben, dass es irgendwie nett wäre, wenn sie bei einer EM im eigenen Land wenigstens die Vorrunde überstehen würden und außerdem die Fans wüssten, wo ihre Häuser stehen, denn nachdem die Toten und Schwerverletzten beider Seiten von den Rängen entfernt wurden, kommen unsere slawischen Nachbarn mit neuem Effet auf den Platz, der im Moment noch den Namen „Platz der Schande“ trägt.

Die Russen haben das jedenfalls unterschätzt oder sie wollen einfach nur nett sein: während St. Petersburg eine Großchance nach der anderen verdaddelt und abgibt, wo Direktschuss notwendig wäre und direkt schiesst, wo eine Abgabe sinnvoll gewesen wäre, machen die Polski irgendwie und mit einem ausnahmsweise schönen Tor den Ausgleich. Danach wird es etwas dramatisch, weil sich beide Mannschaften gegenseitig von den Beinen holen und gelegentlich auch einen Knäuel bilden und nur dem beherzten Eingreifen des deutschen Unparteiischen (kicher) ist es zu verdanken, dass kein Notarztwagen aufs Feld muss.

Es bleibt beim 1:1 und beide Mannschaften haben noch gute Chancen, in die nächste Runde zu kommen, weil wohl niemand mit klarem Verstand damit rechnet, dass ausgerechnet die Griechen die Russen schlagen und noch Hoffnung besteht, dass die Tschechen gegen die Polen wie gegen die Russen spielen.

Eine persönliche Anmerkung: sollte ich jemals Diktator von Deutschland werden, werde ich Waldi Hartmann und Matze Knob zwingen, sich „Waldis EM-Club“ 7 Tage in Endlosschleife anzusehen.

Schalten Sie also auch morgen wieder ein und hören Sie Mehmet Scholl sagen „es ist nicht die Aufgabe eines Verteidigers, Tore zu machen“.

Montag, 11. Juni 2012

Tag 4: Freundschaftsspiele


Die ersten Bestellungen meiner Frau vom gestrigen Tage trafen heute ein. Ein Zwiebelschneider, der auch Beton schneidet, ein Messerset, mit dem man auch Sofakissen aufschlitzen kann und ein Kirschkernkissen, auf dem man wunderbar schläft, aber nur, wenn man tot ist. Ich bin gespannt, was noch kommt.

Große Aufregung in Deutschland. Mehmet „Fußball ist ein Mannschaftssport“ Scholl hat Mario „was wollt ihr, ich hab doch getroffen“ Gomezziemlich übel beleidigt, weil er ihn vor dem Wundliegen beschützen wollte. Das nehmen dem Mehmet ziemlich viele Medien krumm, vor allem diejenigen, die „Supermario“ in den Titel setzen, wenn der zufällig in einen Ball fliegt. Merke: success counts, egal wie.

Aber kommen wir zum Knallerspiel des heutigen Abends: der Geheimfavorit Frankreich gegen den Geheimfavoriten England. Die Franzosen sind ja dafür bekannt, keine Lust mehr zu haben, wenns schief geht, während die Engländer dieses Jahr ausnahmsweise mal ihre Mannschaft nicht über den grünen Rasenklee loben, weil ihre Deppenwalze Roooooooney gesperrt ist. Wir dürfen also ein Knaller-Spiel erwarten.

Eigentlich.

Aber, sagen wir es so: wenn Fußball die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln ist, dann sehen wir hier zwei Verbündete miteinander und nicht gegeneinander spielen. So eine Art „Entente Cordiale“, einen Nichtangriffspakt, ein herzliches Einvernehmen, ja, eine Freundschaft gar. Anders ausgedrückt: ich habe noch nie ein Fußballspiel gesehen, das im Gehen geführt wurde.

Sicher, die Engländer machen versehentlich in der 30sten Minute das 1:0, aber beiden Mannschaften ist dieser Zufallstreffer derart peinlich, dass sie den Franzosen, die deswegen viel geweint haben, nur 9 Minuten später das 1:1 gönnen. Und nachdem es nicht gegen Deutschland geht, sind beide Mannschaften recht zufrieden damit. Der Einzige, der die Ruhe gelegentlich stört, ist Ribery, den wohl niemand informiert hat, dass heute „Dabeisein“ alles ist und weitere peinliche Tore unerwünscht sind.

Nur so ist es zu erklären, dass der kleine hässliche Franzose, der in einer feindlichen deutschen Mannschaft als Legionär dient, keine Anspielstationen findet, die am Ende vielleicht noch das Bild eines unfähigen Torwarts im englischen Tor offenlegen könnten, denn was der englische Keeper zu bieten hat, wäre bereits in der dritten deutschen Liga ein Entlassungsgrund – und zwar für jeden Feldspieler, so er im Tor Vertretung machen müsste. Der italienische Schiedsrichter gerät nur dann in haarige Situationen, wenn er ein französisch-englisches Liebespärchen auf dem Rasen unterbrechen oder irgendwelche wilden Knutschereien unterbinden muss. Ansonsten tut sich nicht viel. Beide Mannschaften schlendern im warmen ukrainischen Sommer über den Platz und betreiben Fußball als das, was er ist: die schönste Nebensache der Welt. Zumal bei einer EM.

In der Pause wird Kathrin Müller-Dingenskirchen hinter der Kamera Olli Kahn fragen, ob er das Spiel auch so endgeil wie sie findet und Olli wird „zweimal nein“ antworten.

Nach schier endlosen 90 Minuten jedenfalls geht die französisch-englische Freundschaft zuerst in die Kabine und dann zusammen ins Kino, wo sie Händchen halten und sich mental auf ein Treffen mit den bösen Deutschen vorbereiten. Auf die Frage meiner Frau „guckst Du Fußball?“ habe ich jedenfalls wahrheitsgemäß mit „nein, einen Liebesfilm“ geantwortet.

Dementsprechend gruselt es mich auch vor dem zweiten Knallerhammerspiel des Abends: der Geheimtipp Ukraine gegen den noch viel geheimeren Geheimtipp Schweden. Der Bär trifft den Elch, der Mongole trifft den Wikinger, gelbe Trikots treffen auf gelbe Trikots.

Wer nun erwartet hat, dass das ein langweiliges und hilfloses Spiel wird, der wurde nicht enttäuscht. Vielleicht liegt es daran, dass man die Fans, die alle einheitlich in Gelb gekleidet sind, nicht auseinanderhalten kann, vielleicht sind die Ukraianer und die Schwedianer von den gelben Schärpen in den blauen Trikots der alten Schweden irritiert, es tut sich nichts. In den ersten 5 Minuten tasten sich die beiden Langweiler noch ab, in den anderen 40 Minuten tun sie das auch.

Es ist ja nicht so, dass das Kanonenfutter da unten ohne Herz spielen würde, nur leider ist es anscheinend das Herz von Synchronschwimmern und nicht von Fußballern. Ich gebe gerne zu, dass ich ein wenig eingenickt bin und mich nur die Feststellung von Olli „ich kahn nicht mehr“, „die Mannschaften würden sich abtasten“ aus meinem erotischen Traum geweckt hat.

Allerdings haben wohl die Trainer beider Mannschaften ihren Gelbsüchtigen in der Pause erklärt, dass, wenn sie es schon nicht gegen so einen drittklassigen Gegner wie den derzeitigen packen, es gegen England und Frankreich so ein ganz kleines bisschen noch viel schwieriger werden könnte, hier bei der EM weiterzukommen.

In jedem Fall regt sich nach der Halbzeit so etwas wie intelligentes Leben auf dem Platz, denn zuerst dürfen die Schweden ein Tor schießen, danach die Ukrainier zwei davon. Nach 90 Minuten und einer Nachspielzeit, die den sich abwechselnd auf dem Boden windenden Memmen gewidmet ist, endet eine sehr – nennen wir sie nett: „durchwachsene“ - Partie mit einem nicht unverdienten aber auch nicht verdienten Sieg der Ukraine über die entsetzlich bemitleidenswert spielenden Schweden und ich frage mich, warum die UEFA darauf besteht, eine EM ausgerechnet in Ländern auszurichten, deren Nationalmannschaften an besseren Tagen Pausenfüller und Sparringspartner für ernsthafte Teams sind. Was kommt als Übernächstes? EM in der Türkei oder in Albanien oder San Marino?

Insgesamt war der heutige Spieltag so spannend wie eine Kerner-Show. Schalten Sie also auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl solche Sätze sagt wie „das Spiel wird anhand der Tore entschieden“.

Sonntag, 10. Juni 2012

Tag 3: kleine Italiener


Als ich vom Feiern des überragenden deutschen Sieges über diese schwache $%&§/ portugiesische Mannschaft nach Hause kam und mein Mario-Gomez-Gedenkaltärchen aufgebaut hatte, fand ich meine Frau mit glasigen Augen vor dem Home-Shopping-Europe-Sender, vor dem ich sie leichtsinnigerweise alleine gelassen hatte, weil da keine EM-Berichterstattung lief. Na, das kann was werden. Sie kann sich an nichts erinnern. Ich habe sie vor den heutigen Spielen sicherheitshalber ans Bett gefesselt, damit sie nicht stört.

In ganz Deutschland herrscht heute eine Stimmung der Genugtuung. Ja, es war Rumpelstilzchenfussball der Deutschen, das war nicht hübsch anzusehen und die Portugiesen waren irgendwie besser. Nur haben wir eben Super-Mario und Boateng war Ronaldo eben näher als Schina-Lisa und hat ihn weitestgehend neutralisiert. Wie das die komplette Nationalelf mit Mario Gomez auch gemacht hat. Und wir haben das berühmte eine Tor mehr. Ätsch.

Heute spielen ja der Geheimtipp Spanien gegen den Geheimtipp Italien. Die Spanier sind ja bekannt für ihr begeisterndes Kurzpassspiel, das in Spanien auch „tiki-tiki“, im Rest Europas einfach „Generve“ genannt wird, während die Italiener in der Regel für einen 10er Abwehrblock und großartige artistische Falleinlagen sowie hervorragende schauspielerische Leistungen bekannt sind. Der spanische Stier trifft das italienische Oppossum, Paella meets Pizza.

Die Italiener gehen durch einige Wettskandale und Haftbefehle ja vorbelastet in dieses Match, keiner weiss, was sie von den Spaniern für eine eventuelle Niederlage bekommen haben und wie hoch die Schecks der einzelnen Spieler waren. Von daher erwartet uns durchaus eine spannende Partie.

Die Spanier legen wie gewohnt mit ihrem „klein-klein“ los und entnerven die Italiener ab der ersten Minute, die zwar viel laufen dürfen, dafür aber keine Bälle bekommen. Immerhin aber kämpfen die Italiener heute weniger mit interessanten Fallstudien, sondern viel mehr so, wie man das aus den Slums von Neapel kennt: zu Dritt auf einen, weswegen auch sämtliche Versuche der Spanier, den Ball regelgerecht ins gegnerische Tor zu tragen, schlicht an der eigenen Unfähigkeit scheitern, einen Ball weiter als vier Meter zu passen.

Zur Halbzeit ziehen sich beide Mannschaften leicht enerviert und etwas gefrustet in die Kabinen zurück, die Italiener vergleichen ihre Schecks, die Spanier handeln die Konditionen für die Refinanzierung der gezahlten Gelder aus.

Irgendwie neutralisieren sich beide Mannschaften gegenseitig. Bis zum gegnerischen Strafraum geht’s vorwärts, danach fliegt der Ball irgendwohin, bestenfalls noch zum Gegner. In der 64sten Minute erfährt di Natale, der nicht in der Stammformation spielt, sondern nur so ein Eingewechselter ist, dass er kein Geld bekommen hat und locht in einem unbeobachteten Moment das 1:0 für Italien ein, woraufhin seine Mannschaftskandidaten so sauer auf ihn sind, dass sie den Spaniern nur vier Minuten später den Ausgleich gönnen.

In der Folge geben sich zwar beide Mannschaften redlich Mühe, aber es rächt sich eben, dass die Spanier keine Stürmer und die Italiener einen Torwart mitgenommen haben und so scheitern die Spanier immer wieder an den Italienern und die Italiener an sich selbst und man trennt sich mit einem freundschaftlichen 1:1, was den Sieger des nächsten Spieles zum Gruppenersten machen wird. Spanien wird als Titelfavorit auf BBB zurückgestuft.

Im zweiten Spiel des Abends trifft der Geheimtipp Irland auf die Kroaten, die in informierten Kreisen als Geheimtipp gelten. Robuste englische Treter gegen robuste Balkantreter, beide nicht zimperlich, was die Gesundheit des Gegners angeht, wir dürfen also ein im wahrsten Sinne des Wortes kampfbetontes Spiel erwarten.

Die Kroaten können an guten Tagen ein unangenehmer Gegner sein, an schlechten Tagen sind sie es auch und während die als biedere und solide Fussballhandwerker bekannten Iren noch kontrollieren, ob wirklich alle Kroaten die Springmesser am Kabinenausgang abgegeben haben, machen die derweil das 1:0. Das ist ärgerlich für die Iren, weil die sich dank ihres Trainers Trappatoni darauf eingestellt hatten, kein Tor zu kassieren und nicht, eines zu schiessen.

Während in Villa Croatia aber noch gefeiert wird, trifft irgendeine glücklicher Ire zum Ausgleich, was wiederum die Kroaten kränkt. In der Folgezeit versuchen die armen Iren, verzweifelt das Ergebnis zu halten, haben den heute erfrischend frisch auftretenden Kroaten aber wenig entgegenzusetzen ausser den eigenen Körpern. Und so kegelt sich dann auch der Kroate Jelavic eher versehentlich zum 2:1 kurz vor der Pause durch einen gerade für die Iren erstaunlich unglücklichen Fehlpass.

In der gleich folgenden Pause dann schmachtet Kathrin Müller-Dingenskirchen (im Familienjargon auch „dumme Nuss“ genannt) dann Olli „Mann, ist das 'ne Wurst“ Kahn derart offensichtlich an, dass ich befürchte, Schina-Lisa und Scherom waren nur das Vorspiel zu einer der sexuellsten EM ever.

Nach der Pause bleiben die Iren am Ball, den meist die Kroaten haben und weil der Torwart der Iren heute für die Mannschaft den Kopf hinhält, macht er zu allem Überfluss ein erst recht unglückliches Tor für Kroatien, als der Ball von seinem Quadratschädel ins Tor bringt. Erstaunlich unglücklich, der Spielverlauf bis dahin.

Die Iren zappeln sich mangels spielerischer Mittel durch, milde von den Kroaten belächelt, und als ein kroatischer Spieler verletzt auf dem Rasen liegt, tun die Iren so, als wäre das normal und schiessen auch nicht den Ball ins Aus. Gut, wahrscheinlich kann man sich mit einem 3:1 gegen sich auch keine Höflichkeiten leisten, dafür verweigert ihnen der Fussballgott dann auch einen eigentlich fälligen Elfer und sorgt mal wieder für ausgleichende Gerechtigkeit. Auf jeden Fall begnügen sich die nach dem 3:1 deutlich entspannten Kroaten damit, harmlose irische Spieler umzuschubsen, die sich hilflos um den Anschlusstreffer bemühen und man darf nach dem Schlusspfiff gespannt sein, wie sich die Kroaten, die jetzt lustigerweise Gruppenerster sind, gegen einen seriösen Gegner schlagen werden.

Schalten Sie also auch morgen wieder ein, wenn Kathrin Müller-Hohenstein Olli Kahn fragt, womit er schon beworfen wurde und ob er auch ihre Bälle halten kann.

Samstag, 9. Juni 2012

Tag 2: Dänlicher geht es fast nicht

Die Geschichte mit meiner Frau und der Kreditkarte zeigt erste Konsequenzen. Da sie sehr sparsam ist, hat sie die 20 Paar Schuhe im Räumungsverkauf organisiert und dabei irre viel Geld gespart. Ich bin ein wenig stolz auf sie und habe sie wegen heute Abend zusammen mit den Schuhen in den Heizungskeller gesperrt (mein österreichischer Nachbar gab mir den Tipp) und durch die Stahltür hört man ihr Wimmern nur ganz leise.

Gewimmert wird heute auch in der obersten deutschen EM-Leitung. Hansi Flick hat sich für das Wort „Stahlhelm“ entschuldigt (er schlug mit dem Kopf an die Wand und wälzte sich vor den polnischen Journalisten im Staub und zeigte die Kehle), weil das in Polen Autobahn ist und Löw muss seine Pressestatements künftig der „Genehmigungsstelle für ethisch saubere und einwandfreie Formulierungen unter Berücksichtigung der unsäglichen deutschen Vergangenheit im Fussball und auch sonstwo“, kurz GfesueFuBdudViFuas vorlegen, die ihm aus seinem heutigen Bulletin den Satz „mir gehe ausch dem Laga högscht konzendrierd in desch heudige Schbiel“ aus völlig unerfindlichen Gründen herausgestrichen hat. Dringelassen haben sie den Satz „Ob de Scherom schbielt, weisch isch noch ned, des kommet drauf oi, ob er mir von den Schina-Lisa de Handynummer gebet“.

Im ersten Spiel des heutigen Abends stehen sich ja der krasse Aussenseiter Holland, der seit 1974 stets als Geheimtipp gilt und der krasse Aussenseiter Dänemark, der eigentlich immer als Geheimtipp gilt, gegenüber. Man darf gespannt sein, ob sich die Dänen, die zu Hause den Spitznamen „die Dänen“ haben, mit der Spielweise der Holländer, die zu Hause den Spitznamen „Eftal“ oder „Oranjes“ oder „Versager“ tragen, zurechtfinden werden. Die Holländer sind ja bekannt für das Blockieren der rechten Autobahnspuren mit Wohnwagenanhängern, die Frage bleibt, ob ihnen das für den heutigen Abend ausreichen wird, um die munteren Dänen zu dänmütigen.
In jedem Fall sieht man bereits ab der ersten Minute, dass es die Holländer ziemlich ernst meinen. Die Dänen kommen sich nach bereits zwei Minuten wie Slalomstangen für unsere orangenen Banknachbarn vor. Hier lässt van Percy zwei Dänen stehen, da ein netter Hackentrick von Robben, dort ein begeisterndes Dribbling van von Bommel und da drüben ein Flankenwechsel mit eingesprungenem Rittberger und einem Doppelaxel. Mit anschliessendem Rückpass an den niederländischen van Torwart, weil es die Netherlanders spannend machen wollen. Das alles sieht sehr schön und gefällig aus und ich mache eine Ein-Mann-La-Ola-Welle auf der Couch nach der anderen. Fussballspielen können sie, die Niederländer.

Die armen Dänen werden regelrecht schwindlig gespielt, bis schliesslich ein- zwei Leutchen da der Kragen platzt: ein schnörkelloser Doppelpass, ein Torschuss und die Dänen führen 1:0. Das war nicht schön, das war nicht schick, das war nicht einmal sonderlich raffiniert. Nur effektiv.

Zu weiteren Torchancen kommen die Dänen nicht, zu sehr drücken die Holländer auf die Dänendrüse und man sieht, wie hervorragend sie ihr James-Bondscoach aufgestellt hat und welche Tricks er ihnen beigebracht hat. Und ginge es um pure Fussballschönheit, die Holländer wären bereits Europameister. Nur leider geht es nach Toren. Und da haben die Dänen einen kleinen Vorsprung. Es bleibt beim 1:0 und in Amsterdam und dem Umland fliessen bittere Dänen.

Aber zum Hauptspiel des deutschen Abends: Deutschland gegen Portugal. Die Portugiesen sind natürlich Geheimfavorit, denn sie haben Ronaldo, was normalerweise locker reichen würde, hätte er nicht zehn weitere Mitspieler. Deutschland ist hier als offizieller und ganz unheimlicher Titelfavorit natürlich krasser Aussenseiter.

Zum Spiel dann selbst: ich weiss nicht, wer die Parole ausgegeben hat, unsere Mannschaft wäre auf „Titel2012“ in irgendeiner Weise geeicht. Was wir zu sehen bekommen, ist ganz großer Fussball, verglichen mit den Leistungen der deutschen Nationalmannschaft 1976.

Im Vergleich mit 2010 spielen die Deutschen wie Gehbehinderte, was sich Özil und Khedira leisten, grenzt schon an Vaterlandsverrat. Es ist ja nicht so, dass Özil keine genialen Pässe spielen würde, nur landen die alle bei den Gegnern. Das Highlight in der ersten Halbzeit ist bezeichnenderweise Löws Suche nach lästigen Popeln. Zum Glück für Jogis „Turniermannschaft“ sind die Portugiesen nicht viel besser und nur einem Niesser von Gomez in der 70sten Minute ist es zu verdanken, dass irgendjemand Notiz von ihm nimmt und ihm auch mal einen Ball zukommen lässt, den Gomez heute ausnahmsweise mal im gegnerischen Tor unterbringt, nachdem Löw quasi als Drohung und Menetekel schon den betagten Miro Klose am Seitenrand hat herumhumpeln lassen.

Der Rest ist arger Krampf und Quark und ich drücke 5,- € ins Phrasenschwein, dass wir ja „eine Turniermannschaft“ sind. „Die Mannschaft hatte Leidenschaft“ wird Mehmet Scholl danach sagen, ich sehe nur viel Leiden und wenig Geschaff. Immerhin sind sie alle unverletzt geblieben.

Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl sagt „man muss für Tore nach vorne spielen“...

Freitag, 8. Juni 2012

EM-Tagebuch 2012 Tag 1: Not gegen Elend

So, es geht wieder los. Die anderen paar Völker der Welt schauen auf Europa. Aber nicht wegen der EM in diesen seltsamen Ländern mit wilden Eingeborenen, sondern wegen der Euro-Krise. Aber das ist mir egal, ich bin eh in Sachwerten investiert.

Drei dieser Sachwerte habe ich für die EM ins Heim abgeschoben und meine Frau hat die Kreditkarte bekommen, damit sie mich nach dem Catering in Ruhe EM gucken lässt und ich mir nicht dauernd Kommentare a lá „wieso hat der jetzt die gelbe Karte bekommen? Nur wegen des Faustschlages oder was war da eben?“ anhören muss, was sehr lästig ist, wenn der Verwarnte ein Deutscher war.

Nachdem also beste Voraussetzungen für eine ruhige und konzentrierte EM-Teilnahme gegeben sind, heißt es jetzt: Fernseher an! Ich habe mir extra einen schönen großen Flat von Samsung besorgt, mit dem man auch dreidimensional gucken kann, weil ich darauf stehe, wenn mir ein Spieler ins Wohnzimmer spuckt.

Man muss ja ehrlich sagen, dass sie sich viel Mühe gegeben haben, die slawischen Fussballzwerge, um rechtzeitig zur WM im eigenen Wurstland fertig zu werden und tatsächlich sind die meisten Strassen gebaut und gelegentlich liegt sogar Kanalisation drunter, ein klares Zeichen, dass Polen und die Ukraine endlich in Europa angekommen sind – allerdings im Europa des Jahres 1950. Aber wir wollen nicht maulen, wenigstens bleiben wir Deutschen für DIESMAL nicht auf den Kosten hocken. Die haben Lukaschenko und der polnische Dingenskirchenski nun an der Backe.

Die Eröffnungsfeier ist sehr schön, wenn man bedenkt, welche Länder die EM ausrichten. Die kleinen Polinnen haben sich als Pilze verkleidet und lustige Badekappen auf. Die rennen da alle drucheinander und gelegentlich ergeben sich dann Bilder wie ein Fussball oder UEFA oder WIR GRÜSSEN KIM YONG UN und so. Wer die Eröffnungsfeier verpasst hat, ein guter Tipp dazu: nicht downloaden. Das frisst nur unnötig Pixel.

Das erste Spiel des heutigen Tages lautet Not gegen Elend oder auch Polen gegen Griechenland. Die Polen als Gastgeber sind natürlich ein Geheimfavorit dieser EM und tragen so klingende Namen wie, ehm, beispielsweise, also.. auf jeden Fall irgendwas mit -owski am Schluss und waren automatisch als Gastgeber qualifiziert. Die Griechen hingegen haben in die EM-Endrunde auf dem gleichen Weg wie in die europäische Währung gefunden: irgendwie hineingemogelt. Deswegen gelten sie auch als klarer Geheimfavorit und man darf gespannt sein, wie sich die Hellenen nebst ihren vom Rettungsfonds gesponserten Trikots gegen die Polskis schlagen werden.

Um es kurz zu machen: Die Griechen machen das, was sie am Besten können, nämlich nichts und stehen den Polen dauernd im Weg herum, was für die wackeren noch nicht Verlorenen ein ständiges und frustrierendes Anrennen bedeutet und so ein wenig an nervöse BMW-Fahrer erinnert, denen ein LKW den Überholstreifen blockiert. Nach 5 Minuten bekommt man den Eindruck, beide Teams spielen auf Ergebnis. Die Polen zappeln, die Griechen wackeln und doch: in einem unbeobachteten Moment schiesst irgendein Pole versehentlich das 1:0.

Das frustriert die Griechen und jetzt kommt zum „in der Landschaft herumstehen“ das ein- oder andere elende Foul, was der Schiedsrichter letztlich mit der Massnahme quittiert, die auch die Europäische Zentralbank mit dem kompletten Land machen sollte: er schmeisst einen Griechen raus.

Sicher, die Verwarnung ist etwas unglücklich, aber das sind die Griechen dafür und mit dem Rückstand sowieso, da fällt das nicht weiter auf. Während die Polen (oder besser: Borussia Dortmund) zur Halbzeit kichernd in den Katakomben verschwinden, schubsen sich die Restgriechen gegenseitig enttäuscht. Als die Polen erst langsam wieder aus der Halbzeitpause geschlichen kommen, gleicht irgendein -dopoulos derweile schon mal aus und es steht nur noch 1:1. Das ist für die Polen, die eigentlich den Ball sicherheitshalber mitgenommen hatten, dann doch etwas ärgerlich.

Die Griechen haben mittlerweile spitz bekommen, dass es vielleicht um etwas gehen könnte und zeigen, was sie können, was aber immer noch nicht wirklich viel ist, immerhin jedoch dazu reicht, dass der polnische Towartschinski einen griechischen Stürmer flachlegt und dafür in einem Akt ausgleichender Gerechtigkeit jetzt seinerseits vom Platz fliegt. Der anschliessende Elfmeter wird von den Griechen verwandelt. Und zwar in eine Blamage, denn der neue polnische Torwart hält diese hilflose Kopie eines Strafstosses von irgendeinem der Kasperdopouli. In der Folge wird, während der Schiedsrichter berechtigterweise versucht, beide Mannschaften zu dezimieren, mit gewechselten Fronten gespielt: die Polen stehen nur herum, während die Griechen hilflos über und neben das polnische Tor ballern und zu Strafe den einzigen Schuss, der noch ins polnische Netz findet, auch noch abgepfiffen bekommen.

Nachdem der griechische Trainer weggedämmert ist und sich der polnische Trainer betrinkt, trennen sich nach endlosen 90 Minuten Rumpelfussball die Anfänger da unten auf dem Platz gleichermassen unverdient mit 1:1.

Im Zweiten Weltkrieg dieses Abends treffen Not auf Elend, nämlich die Tschechen auf die Russen, die ja bekanntermassen dem russischen Oligarchen Wladimir „Vlad Dracu“ Putin gehören. Die Tschechen gelten ja seit dem Gewinn des Landfrauencups der böhmischen Bäuerinnen 1954 zu den absoluten Geheimtipps jeder EM, während die Russen alleine schon aus Angst, von russischen Agenten umgelegt zu werden, als Geheimtipp dieser EM gelten. Man darf also gespannt sein!

Die Russen starten mit der ältesten – im Fussballjargon „erfahrensten“ - Mannschaft des Turniers, die Spieler wurden aus allen Altenheimen von Mitterchen Ruuussland zusammengecastet. Die Tschechen wissen das natürlich und gehen es dementsprechend entspannt an. Jedenfalls bis sie nach 15 Minuten das 1:0 kassieren. Nun wären die Tschechen nicht die Tschechen, wenn sie sich dadurch aus der Ruhe bringen liessen, denn immerhin haben sie mit dem Kappentschechen, der auch so heisst, einen der besten Torhüter im Kasten. Der kassiert dann auch entspannt das 2:0 und dann ist Halbzeit.

Mehmet Scholl wird sagen, dass die Russen das System haben, sich den Ball zu holen. Das ist für mich überraschend, macht aber in einem Sport wie Fussball durchaus Sinn.

In der Kabine fangen die Russen derweil an zu feiern, weil das gut aussieht und dopen sich mit Wodka, den Tschechen wird lebenslang Soljanka angedroht. Das rächt sich nach der Pause und die Tschechen machen den Anschlusstreffer, während die Russen geistig noch in der Kabine sind.

Die Russkis sind deshalb schlagartig ernüchtert und rennen wie die roten Teufel. Das wiederum konsterniert die Tschechkis, die zwar gerne noch ein Tor geschossen hätten, aber entweder ist es Respekt vor dem Alter oder schlichtes Unvermögen, sie kommen nicht durch. Die Russkis hauen dem bedauernswerten Czechen Tschech mit der Mütze noch zwei Dinger in den Kasten und dann ist Schluss und der erste Geheimfavorit ist letzter der Gruppe A, was wenigstens die Griechen tröstet.

Aus dem deutschen Führerhauptquartier klingt die Meldung, dass alle den Stahlhelm aufziehen und dann durchs Turnier. Claudia Roth hat viel geweint und Grass ein Gedicht geschrieben.

Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl sagt, dass es die Aufgabe des Torwarts ist, keinen Ball reinzulassen!