Mittwoch, 23. November 2011

Weihnachtsmärkte

...weil es passt, habe ich da einen 10 Jahre alten Text ausgegraben - aber irgendwie hat sich wohl seit damals nichts geändert...

Daran erkennt man den Dezember. Selbst beim übelsten Scheisswetter wachsen auf jedem gottvergessenen Marktflecken quasi über heilige Nacht die achso gemütlichen und heimeligen Weihnachtsmärkte aus dem Boden, um uns lieben Christenmenschen einen Hauch vorweihnachtlichen Zauber zu bescheren.

Bei uns im Dörfli hängt über dem heimeligen Weihnachtsmarkt der Duft von Döner und Fladenbrot, weil ganz am Anfang Yussuf seine Dönerholzbude aufgeklappt hat und sich das Odeur von Hammelfleisch mit dem Geruch der benachbarten Fischbude und des Toiletten- wagens mischt. Raucher meiden diesen Eingang aufgrund der Explosionsgefahr. Dafür mag Yussuf Weihnachtslieder. Die Fischerchöre lassens Klinglöckchen klingeln.

Hinter der Fischbude steht wie jedes Jahr die weihnachtliche Dörte mit ihren weihnachtlichen, pädagogisch wertvollen Holzspielsachen mit ungiftigem Farblack und wie jedes Jahr will die keiner haben, aber Dörte hat ein stures Sendungsbewusstsein, wie es nur Alt-Achtundsechziger-Weihnachstbudenbesitzer haben können und kommt jedes Jahr wieder – wie Weihnachten eben auch. Trotzdem ist bei ihr ständig Traffic vorm Stand – und zwar von den Senioren, die es nicht rechtzeitig in die Traube vor „Ottos Filzhausschuhe aus echtem Filz seit 1954“ am Stand nebenan geschafft haben und nun die Wartezeit überbrücken. Hansi Hinterseer (mein Gott, was für ein Name) singt „Stille Nacht“.

Neben Otto steht der unvermeidliche „Kleiner Kaktus wo auf Kieselstein gepflanzt ist“ – Typ in seinem Holzhäuschen und raucht milde Sorte. Die kleinen Kakteen (und nicht „Kaktusse“ und schon gar nicht „Kack-Tusse“) sind aufgereiht wie die Ledernacken bei der Parade und ab und an kommt ein gepierctes Girlie und fragt, wie denn die Kakteen auf den Kieseln befestigt sind. „Geklebt“ brummt dann der Kakteenhändler zurück und das Girlie sagt aha und geht seines Wegs, während Nicole den Kindern droht „morgen, Kinder, wird’s was geben“.

Der Nachbar des Wüstenpflanzenanbieters hat wiederum mehr Verkehr vorm Stand. Er verkauft weihnachtliches Popcorn und weihnachtliche Mandeln und weihnachtliche Gummibären und weihnachtliche kandierte Äpfel und weihnachtliche Zuckerwatte wie das ganze Jahr über auch, aber speziell im dichten Gedränge in den Gässchen macht es einfach Spass zu sehen, wie schnell sich von einem Kind getragene Zuckerwatte über sämtliche Passanten zu verbreiten weiß, sobald Susi in den Strom der vorübergehenden Weihnachtshungrigen eintaucht. Ungefähr so stelle ich mir die Infektion mit Schnupfen vor. Im Nu hat jeder ein Flöckchen Zuckermasse am Hintern hängen – während sich Susis Naschwerk dramatisch verkleinert. Dafür singen die Schlümpfe Kinderweihnachtslieder und ich beginne, Osama bin Laden zu verstehen.

Ein weiteres Büdchen schließt sich an: „Weihnachtsschmuck aus dem Erzgebirge“. Nun, da wäre er besser auch geblieben. Hölzerne Engelchen, hölzerne Nussknacker, hölzerne Kerzenständer, hölzernes Holz, eben alles Weihnachtsdeko, auf die man wohl nur im Sozialismus so richtig stolz sein konnte und die gerne von Heimatvertriebenen und DVU-Wählern genommen wird, weil die das a) noch aus ihrer Kindheit in Insterburg kennen und b) das noch deutsche Qualitätsarbeit ist – auch, wenn es sich um OSTdeutsche Qualitätsarbeit handelt. Im Hintergrund spielt die Kapelle des Kampfgeschwaders Richthofen stramm „Ihr Kinderlein kommet“.

Daneben – und zwar völlig daneben – hat Dieter Unruh, der Topfhändler aus dem schönen Münsterland seine Bude aufgeschlagen. Es wimmelt von Töpfen. Grosse Töpfe, kleine Töpfe, Kochtöpfe, Blumentöpfe, Auspufftöpfe – es ist alles da. Für den verzweifelten Ehemann, der am 23sten um 17 Uhr noch ein Geschenk braucht. Auch bei ihm bleiben gelegentlich Hausfrauen stehen, die entsetzt feststellen, dass sich ihr Mann um das 10-fache geirrt hat., als er letztes Jahr den Preis für das wunderschöne Kochset beichtete. Und zu allem Elend gibt’s „stille Nacht“ von der Panflöte gepfiffen.

In der Reihe gegenüber gibt es Kerzen aus Bienenwachs – aber eigentlich will die keiner mehr seit der Erfindung der Elektrizität. Deswegen blättert der Verkäufer ungeniert in einer „Praline“, während einige Jugendliche an den Kerzen schnüffeln, „weil die so gut riechen. Riech mal“. Die Kelly-Familiy jubilot in dulce.

Neben dem Kerzendealer wird es dann endlich weihnachtlich. Überteuerte Christbaumkugeln aus Plastik und Taiwan nebst Girlanden, Sternchen und Lametta, das so ein wenig wie die Düppel aussieht, die moderne Kampfbomber bei Raketenbeschuss abwerfen. Trotzdem ist hier die Hölle los, weil jeder die Weihnachtsglocken sehen will - und zwar die der gutgebauten Verkäuferin, die in der Hitze des Heizstrahlers nur ein weihnachtlich weisses T-Shirt trägt. Und dazu sucht Peter Alexander einen entsprungenen Reis.

Dafür hats nebenan endlich den Glühweinstand. Der Glühweinwirt schwitzt und stinkt, der Glühwein fliest in Strömen und DJ-Ötzi gröhlt im Hintergrund „Gemma Bier trinken“. Ich bestelle 5 Tassen und trinke sie auf Ex. So macht die Vorweihnnnnachsssseit Schpass, Bebi..

Dienstag, 15. November 2011

Nett sein

Ich bin der festen Überzeugung – und ich schließe hier von mir auf andere Menschen – dass der Mensch an sich nett sein möchte. Kein Mensch will ein Arschloch sein und von seinen Mitmenschen gehasst werden. Kein Mensch möchte durch die Gegend gehen und beschimpft werden oder in der Vier-Buchstaben-Zeitung als Depp des Landes ausgezeichnet werden.

Sicher, manchmal kommen Menschen in die Bredouille und können ihre Schulden für den geleasten Porsche oder den Flat-Screen nicht zurückzahlen oder müssen für ihre Bank staatliche Hilfen beantragen, so etwas kommt schon mal vor, aber vom Grundsatz her macht das ja niemand gerne und mit Absicht. Ich will daran glauben.

Aber es wird einem manchmal auch schwer gemacht.

Neulich beispielsweise, da stehe ich in der Bäckerei in unserer Fußgängerzone, bestelle einen Kaffee, ein Hörnchen und die oben genannte Postille und da fragt mich die Bäckereifachverkäuferin, ob ich noch etwas Süßes probieren möchte.

Nun stehe ich sexuellen Avancen jetzt nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber und weil sie noch diesseits der 40 zu sein scheint, sage ich leichtsinnigerweise: „ja“.

Zu meiner Enttäuschung reicht sie mir einen kleinen Teller mit irgendeinem dubiosen Backwerk, in dem Zahnstocher stecken, über den Tresen und blickt mich erwartungsvoll an. Ich nehme mir ein Teilchen und beiße in etwas, das verdächtig nach Schaumstoff mit Ammoniaküberzug schmeckt. Wirklich wirklich übel. Schauderhaft. Ekelig.

„Und?“ fragt sie erwartungsvoll und, wie ich meine, auch ein wenig stolz.

Tja nun. Am liebsten würde ich ihr das Zeug vor die Bäckereifachverkäuferinnenfüsse kotzen, aber dann ist sie beleidigt und hasst mich und vielleicht verklagt sie mich wegen Mobbings oder macht sich aus Kummer sogar weg. Möchte ich nicht.

Lieber lächle ich und sage „prima, schmeckt gut!“. Doof und nett, wie ich bin.

Sie lächelt zurück. „Das freut mich, das hat unser Lehrmädchen heute gebacken. Das sind ihre ersten Amerikaner.“ Ach Du scheiße… Jetzt trage ich auf meinen breiten Schultern auch noch die Verantwortung für die berufliche Reputation der Bäckerazubine… Ganz toll!

„Soll ich Ihnen welche einpacken?“ fragt sie tückisch.

Nein, eigentlich mal lieber nicht, ich hasse das Zeug, es ist ein Backwerk aus der siebten Vorhölle und den chemischen Errungenschaften der Hermann-Göring-Werke, aber ich stehe jetzt zwischen Baum und Borke, zwischen „Sie, ich habe Sie angelogen, das Zeug ist widerlich und ein berechtigter Grund für eine amerikanische Kriegserklärung“ und meinem Seelenfrieden.

„Diät“ lächle ich und klopfe auf meinen Bauch. „Ist kaum Fett drin“ tröstet sie mich.

„Ich habe es eilig“ entgegne ich. „Ich kann es einpacken, während Sie Ihren Kaffee trinken“ bietet sie mir an.

Ich habe nicht genug Geld dabei“ sage ich und klopfe mir aufs Portemonnaie. „Ach, kein Problem, ich runde gerne den Betrag auf Ihren 20,- € Schein, mit dem Sie gerade bezahlen wollten, auf“ bietet sie mir netterweise an.

Also gut, wenn sie keine eindeutigen Nicht-Verkaufssignale versteht, dann muss ich wohl deutlicher werden: „Na gut, dann packen Sie mir Fünf Stück ein“ höre ich mich gegen meinen Willen sagen und mein Magen macht vor Ekel einen kleinen Salto rückwärts.

Sie freut sich, guckt mich verschwörerisch an und sagt „da gebe ich Ihnen noch extra einen dazu“ und verpackt sechs Schaumstoffteilchen mit Ammoniakaroma, zieht den Betrag von meinem Wechselgeld ab und reicht mir stolz die Tüte über den Tresen. „Guten Appetit“ wünscht sie mir und wahrscheinlich sehe ich sie gerade an, wie jemand guckt, dessen Hund soeben überfahren wurde, denn sie widmet sich dem nächsten Kunden, der gerade hereingekommen ist.

Ich stelle mich an eines der Stehtischchen da und beobachte, wie mein Nachfolger „etwas Süßes“ probiert und angeekelt das Gesicht verzieht. „Schmeckt widerlich“ sagt er ganz direkt.

Und verlässt den Laden mit drei Krapfen und einem Stangenweißbrot, der unhöfliche Drecksack, der sich soeben 3,50 € für Schaumstoff und ein gutes Gewissen gespart hat.

Was bin ich so froh, dass ich so nett bin. Und so ein Idiot. Ich darf gar nicht drüber nachdenken…

P.S. Ich habe die Amerikaner meiner Mutter zum Kaffee mitgebracht, die ist über 70 und irgendwann muss ja auch mal Schluss sein. Sie hat mir später erzählt, dass das Zeug widerlich war und sie es weggeschmissen hat. Auch unhöflich und unnett.

Mittwoch, 2. November 2011

Stadtbummel durch Buda

Manchmal, wenn mein Konto ein bisschen überläuft, mache ich eine Städtereise, um mich weiterzubilden und fremde Länder, Menschen und Gerüche kennenzulernen.

Natürlich würde diesbezüglich auch eine Fahrt nach Offenbach am Main genügen, aber weil ich das schon kenne, bin ich dieses Jahr nach Budapest gereist.

Budapest ist, wie man weiß, die unverhältnismässig große Hauptstadt eines verhältnismässig kleinen Landes, nämlich Ungarn und trägt auch die Bezeichnung "Paris des Ostens", ich schätze, weil es in beiden Städten die gleich große Menge an Hundescheisse gibt.

Der Ungar selbst ist sehr gastfreundlich, aber nur dann, wenn er einen anderen Ungarn zu Gast hat. Was Touristen angeht, begegnet er denen mit unangemessener Arroganz, was auch der Grund sein dürfte, warum jeder Eroberer dieses Landes gesehen hat, dass er das Teil schnell wieder los wird.

Ungarn selbst blickt auf eine wechselvolle 1000-jährige Geschichte zurück, als die Ungarn, damals noch unfähig, selbst einen Staat auf die Beine zu stellen, ins pannonische Becken einfielen, die dortigen Bewohner kurzerhand abmurksten und anschliessend den anderen Nachbarstaaten durch räuberische Einfälle gehörig auf den Sack gingen und wer je in einer mitteldeutschen Fußgängerzone stundenlangen Bettelkonzerten ungarischer "Touristen" zuhören musste, der weiß, dass sich bis heute daran nichts geändert hat.

Die ungarische Sprache selbst wurde von Gott augenscheinlich als letztes vergeben, da die meisten Buchstaben schon aus waren und nur noch s,c,z und ein ganzer Haufen von ´ zu haben waren.

Wir benötigen aber dieses historische Vorspiel, um die Ungarn und speziell Budapest zu verstehen.

Budapest besteht eigentlich aus zweieinhalb Städten, nämlich Òbuda, Buda und Pest. Ursprünglich wollten diese Städte nichts voneinander wissen, aber seit der leichtsinnige Graf István Széchenyi 3 Tage auf eine Fähre warten musste und deswegen auf die wirklich revolutionäre und völlig neue Idee kam, eine Brücke über die Donau zu bauen, bekamen die Ungarn tatsächlich bereits im Jahre 1849 (nur 900 Jahre nach der Besiedlung jener Städte) eine Brücke, die die Stadtteile verband. Seitdem fahren die Ungarn über die Donau, um sich gegenseitig zu beschimpfen.

Buda ist der älteste Stadtteil und ist auf einem Hügel erbaut, von dem Hügel gegenüber haben die Ungarn - Thema Gastfreundschaft - ihren ersten Missionar, den heiligen Gellért, in einem mit Nägeln gespickten Fass sehr zur Freude der Umstehenden herunterkullern lassen, weil er Ausländer war. Heute steht an der Stelle sein Standbild und guckt auf die Donau, womit wir das erste Wahrzeichen und auch gleich den Hauptexportartikel der Ungarn bis zum Spätmittelalter abgehakt hätten, nämlich originelle und besonders grausame Foltermethoden.

Budapest ist die einzige Stadt, die mit heroischen Standbildern von im Rest Europas zu Recht völlig unbekannten Ungarn geradezu gespickt ist, so treffen wir auf dem Burgberg beispielsweise auf das Reiterstandbild von Futaki Hadik András gróf, der dort in einer prächtigen Husarenuniform grüsst. Bekommen hat er das Standbild für eine typisch ungarische Grosstat: während die Preussen im 7-jährigen Krieg nicht zu Hause waren, war er mit seiner Reiterei in Berlin eingefallen, hat einen Sack Damenhandschuhe erobert und ist wieder abgehauen, bevor die Preussen zurückkamen. Ansonsten hat er jede Schlacht mit einem ernstzunehmenden Gegner verloren.

Der Hauptzugang zur Altstadt ist jedoch das Bécsi kapu, von dem man einen wunderbaren Blick auf den "Burger King" Richtung Moszkva tér hätte, wenn keine Häuser im Weg stünden. So kann man jedoch immer noch eine prima Telefonzelle sehen, wahrscheinlich eine der letzten in ganz Europa, da sich das Mobilnetz von Ungarn ungefähr auf dem Stand von 1942 befindet.

Von dort aus gehen wir am Geburtshaus Gezá Bedáks (dem Erfinder der sich gegen den Uhrzeigersinn drehenden Drehtür) vorbei zum Militärmuseum, in dem sich interessante Zeugnisse aller ungarischen Niederlagen befinden und in dem es von Italienern wimmelt, die sich freuen, dass es ein Volk gibt, das noch mehr Kapitulationen auf dem Buckel wie sie selbst hat. Immerhin aber können die ungarischen Kinder dort echte Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg befingern, wovon sie auch ausgiebig Gebrauch machen, wer weiss, wann sie sich mal wieder besiegen lassen wollen.

Von Museum aus folgen wir der Úri utca. vorbei am Geburtshaus von Károly Búnzky, dem Entdecker der Buchdruckkunst, der zeitlebens daran litt, dass es keine ungarischen Bücher gab, die er hätte drucken können, weiter an der Deutschen Botschaft entlang (die beiden Angestellten finden Sie in der Regel hinten im Hof beim Rauchen, wenn sie nicht gerade beklauten Touris Geld für die Rückflucht leihen) hin zum oben genannten Reiterstandbild von Futaki Hadik András gróf. Dort wenden wir uns links, nicht ohne zwischendurch im berühmten und berüchtigten Ruszwurm cukrászda eine Gerbeaud-Schnitte (ein Süßgebäck, das einem die Rosette zusammenzieht) widerlich gefunden zu haben und dessen Inhaber entweder von unzufriedenen Eroberern erschlagen wurden oder an Zuckerkrankheit starben.

Jetzt befinden wir uns dann auch schon auf dem Szentháromság tér, wo wir von japanischen Touristen umzingelt werden, die ihre Stadtpläne verkehrt herum halten. Ich könnte jetzt ein paar Worte über die Kirche da verlieren, aber wir wenden uns jetzt zuerst einmal nach links in die Országház utca, die wahrscheinlich nach einer weiteren Pappnase mit einer sinnlosen Erfindung benannt wurde und laufen, vorbei am Geburtshaus von Tibor de Hevesy (dem berühmten ungarischen Chemiker, der die Essbarkeit von Styropor bewies) bis zum Ende, wo die Mária Magdolna Kirche (benannt nach Mária Magdolna, der zu Unrecht vergessenen zweiten Ex-Freundin von Johánnez Tauferisz) oder vielmehr ihr Rest steht, weil die Ungarn zu faul waren, das Teil nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufzubauen.

Jetzt gehen wir, vorbei am Geburtshaus von Zoltán Fázekas (dem berühmten ungarischen Torwart, der die traumhafte Zahl von 16 kassierten Toren - in einer Halbzeit - hält), rechts die Fortuna utca wieder hinunter, in der sich das einzige Hotel in Europa befindet, in dem die Gäste für Übernachtungen auch noch bezahlt werden (und das trotzdem nie ausgebucht ist), seit dort der erste Fall von Schweinegrippe in Europa bekannt wurde.

Schon befinden wir uns auf dem Hess András tér, benannt nach dem zweiten Buchdrucker, aber dem ersten Buchdrucker, der ein ungarisches Buch druckte.
Und pleite ging, weil keiner die Schwarte kaufen wollte. Hier stand vor Zeiten ein Dominikanerkloster, das jedoch von den Dominikanern fluchtartig verlassen wurde, als sie bemerkten, dass sie in Ungarn gelandet sind. Dafür hat der ungarische Architekt Béla Pinter hier das Hilton hingebaut und es wäre sicher ein prima Hotel geworden, wenn er vorher die Reste des Klosters weggeräumt hätte. So aber stehen dessen Trümmer heute in der Hotellobby herum und allen im Weg und man hört öfter mal das Scheppern von zerspringendem Geschirr, wenn mal wieder eine Bedienung über ein aus dem Boden ragendes Säulenkapitel gestolpert ist.

Hier steht auch die von dem ungarischen Bildhauer József Damkó geschaffene Statue von Papst Innozenz XI., die eigentlich den heiligen Petrus zeigen sollte, aber aufgrund der Unfähigkeit des Bildhauers schliesslich mit dem Papst assoziiert wurde, dem sie am ähnlichsten sah.

Vor uns ragt nun die Mátyás templom empor, vor der immer noch die japanischen Touristen stehen, deren Reiseführer ihnen gerade erzählt, sie stünden vor Notre Dame. Hier fanden die Krönungszeremonien von Károly Róbert, Ferencz Jozeph I. und Karoly IV. statt, sämtliche Könige unterlagen übrigens in den von ihnen geführten Kriegen. Sie ist deshalb auch unter dem Namen „Krönungskirche der Verlierer“, aber auch "Verkérszhindérnisz" bekannt.

Davor sehen wir Richtung Donau die sogenannte "Fischerbastei", eine eigentlich extra zu touristischen Zwecken erbaute Aussichtsplattform, deren Name an die tapferen Fischer erinnert, die während der Türkenbelagerung die Burg als Letzte verliessen - schlicht, weil sie von den kopflos fliehenden ungarischen Truppen vorher nicht durchgelassen wurden.

Hier beschliessen wir auch unseren vormitternächtlichen Rundgang für heute im berühmten Litea Könyvesbolt és Teázó bei einem guten Glas Tokajer, was um so schwieriger ist, weil das Litea Könyvesbolt és Teázó ein Buchladen ist, der um diese Zeit schon geschlossen hat.