Montag, 21. Oktober 2013

Welchen Teil von Nein haben Sie nicht verstanden?

Eigentlich müsste ich es ja langsam wissen: Geh nicht an eine externe Berliner oder Hamburger Nummer,  es sei denn, Du wohnst in Berlin oder Hamburg. Aber weil ich ein optimistischer und freundlicher, vor allem aber neugieriger Mensch bin, bin ich an die Hamburger Nummer trotzdem drangegangen.

Ja hallo, Frau Susanne Berger von der  Firma Ship and Sail Containerdienst in Hamburg (sie spricht es „Hämborg“ aus) fragt an, ob wir als Finanzdienstleister auch Schiffscontainer vertreiben, wobei ich grundsätzlich schon einen Container vertreiben würde, stünde er bei mir unaufgefordert in der Einfahrt, da ich aber ansonsten nichts von Schiffscontainern als Geldverbrennungsmaschine halte, sage ich zu Frau Berger: nein.

Oh, das wäre aber schade, weilweilweil gerade ich als Finanzdienstleister doch wissen müsse, dass gerade Container in Zeiten dieses unsicheren Marktes Renditen von über 300% erreichen, ganz speziell solche, die an die tunesische Küstenmarine verchartert würden, und zwar aufgrund der großen Nachfrage durch Asylbewerber, die sich darin nach Europa schmuggeln lassen wollen, also das gehört doch eigentlich auf jeden Fall in mein Angebotsportfolio, gell?

Ich antworte, dass ich grundsätzlich keine Produkte anbiete, die ich nicht einmal selbst wenigstens  ansatzweise verstehe und erst recht keine Schiffs-Container, auch, wenn die Sales-Story immer so nett klingt.
Das versteht Susanne Berger natürlich und das wäre ja auch richtig so, genau aus diesem Grunde sollte ich ja sehr dringend das Haus des Ship, Sail and Rail-Containerdienstes in Hamburg kennenlernen, denn die wären aber sowas von ganz anders aufgestellt, zumal sie mit ihrem Premium-Produkt der strahlenisolierten Castor-Container gerade im Raum der soeben zusammengebrochenen Sowjetunion äußerst lukrative Geschäfte mit örtlichen Mafiabossen machen würden, aber hallo, da wären Renditen von 300% keine Seltenheit!
Ich entgegne, dass ich meinen Kunden keine Schiffscontainer anbieten werde, auch keine strahlenisolierten.

Susanne Berger versteht das sehr gut und findet das auch lobenswert, genau deshalb sollte ich mir mal den Ship-Sail-Rail & Fail Containerdienst in Hamburg genau ansehen, denn deren Produkt des Müllraumschiffscontainers für die internationale Orbitalstation Glasnost, die Aserbeidschan nächstes Jahr ins All schießen möchte, würde genau auf mein Klientel passen und rein zufällig wäre Herr Seber (was passender Weise verdammt ähnlich nach „Seebär“ klingt) nächste Woche hier in Unterfranken und da könnte er mich ja mal, wenn ich das unbedingt wollte.
Und ich sage, dass ich weder Zeit noch Interesse habe, weder an dem Herrn Seber, noch an den Altkleiderschiffscontainern.

Susanne Berger kann das gut verstehen, ich würde ja schließlich als Geschäftsmann nur Zeit und Geld in ein wirklich lukratives Produkt und Angebot investieren, weswegen Sie ja anruft und ob es mir am Montag um 15.00 Uhr oder besser am Sonntag um 23.00 Uhr passen würde.
Ich erkläre, dass es mir niemals passen würde, nicht heute, nicht morgen, nicht, wenn die Sonne explodiert und die Hölle zufriert, Sigmar Gabriel Kanzler wird und der Messias kommt. Ich will Herrn Seber nicht sehen, keinesfalls, unter gar keinen Umständen, selbst, wenn er auf einer Wolke mit sexuell attraktiven Mittzwanzigerinnen geritten kommt!
Susanne Berger kann das gut verstehen, schließlich wolle ich als Geschäftsmann und Premium-Vertriebspartner nicht jeden X-beliebigen Verkäufer empfangen, weswegen sie mich zu meinem sehr vernünftigen Entschluss beglückwünscht, Herrn Seber am Montag um 15.00 Uhr zu empfangen, er tränke seinen Kaffee gerne mit Milch und etwas Gebäck und würde mich dann eingehender über das äußerst attraktive Produktangebot des Ship-, Sail-,  Rail-, Fail und Nail-Containerdienstes informieren.
Ich brülle ins Telefon, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht da bin, geplatzt bin, auf Weltreise bin, im Urlaub bin, im Nirwana bin, von Sinnen bin!
Susanne Berger versteht das sehr gut, aber ich müsse mich da schon auch etwas nach Herrn Seber richten, immerhin käme er ja rein zufällig extra aus Hamburg, um mich zu besuchen, daher wäre es sehr gut und wichtig, dass ich den Termin einhalten würde, das würde sie von einem Geschäftspartner wir mir eigentlich schon verlangen dürfen können, ich solle aber Bescheid sagen, wenn es mir nicht passen würde, das wäre einfach eine Sache der Höflichkeit.
Ich sage, es passt mir um 15.00 Uhr nicht, ich hätte da bereits einen Termin, ob wir den Termin um 10 Minuten nach hinten verlegen könnten, bis dahin müsste ich wieder frei sein.

Frau Berger kann das nicht verstehen, Herr Seber käme extra zufällig aus Hamburg in meine Gegend, um mich über die traumhaften Renditen der Big-Brother-Container zu informieren, mir quasi den Weg in eine unbeschwerte, sorgenfreie und glückliche Zukunft mit den Produkten des Ship-, Sail-,  Rail-, Fail-, Nail- und Heil-Containerdienstes   aufzuzeigen und gleich beim ersten Termin würde ich mich als derart unzuverlässig , ja, geradezu unwürdig und undankbar erweisen. Nein, mit jemandem wie mir möchte der Ship-, Sail-,  Rail-, Fail-, Nail- und Heil-Containerdienst keine Geschäftsbeziehung eingehen,  da müsste ich noch etwas an meiner Organisation arbeiten, ich könne gerne wieder auf sie zukommen, wenn ich meine terminlichen Planungsschwierigkeiten besser im Griff hätte, sie wünsche mir ansonsten noch ein schönes Restleben und dann legt sie empört auf, ohne eine Antwort abzuwarten.

Verdammt. Vielleicht wäre das das Angebot meines Lebens gewesen. Und ich habe es verbockt. Manchmal entscheiden 10 Minuten über den Rest unseres Lebens. Ich Zwerg.