Gewimmert
wird heute auch in der obersten deutschen EM-Leitung. Hansi Flick hat
sich für das Wort „Stahlhelm“ entschuldigt (er schlug mit dem
Kopf an die Wand und wälzte sich vor den polnischen Journalisten im
Staub und zeigte die Kehle), weil das in Polen Autobahn ist und Löw
muss seine Pressestatements künftig der „Genehmigungsstelle für
ethisch saubere und einwandfreie Formulierungen unter
Berücksichtigung der unsäglichen deutschen Vergangenheit im
Fussball und auch sonstwo“, kurz GfesueFuBdudViFuas vorlegen, die
ihm aus seinem heutigen Bulletin den Satz „mir gehe ausch dem Laga
högscht konzendrierd in desch heudige Schbiel“ aus völlig
unerfindlichen Gründen herausgestrichen hat. Dringelassen haben sie
den Satz „Ob de Scherom schbielt, weisch isch noch ned, des kommet
drauf oi, ob er mir von den Schina-Lisa de Handynummer gebet“.
Im ersten Spiel des heutigen Abends stehen sich ja der krasse Aussenseiter Holland, der seit 1974 stets als Geheimtipp gilt und der krasse Aussenseiter Dänemark, der eigentlich immer als Geheimtipp gilt, gegenüber. Man darf gespannt sein, ob sich die Dänen, die zu Hause den Spitznamen „die Dänen“ haben, mit der Spielweise der Holländer, die zu Hause den Spitznamen „Eftal“ oder „Oranjes“ oder „Versager“ tragen, zurechtfinden werden. Die Holländer sind ja bekannt für das Blockieren der rechten Autobahnspuren mit Wohnwagenanhängern, die Frage bleibt, ob ihnen das für den heutigen Abend ausreichen wird, um die munteren Dänen zu dänmütigen.
In
jedem Fall sieht man bereits ab der ersten Minute, dass es die
Holländer ziemlich ernst meinen. Die Dänen kommen sich nach bereits
zwei Minuten wie Slalomstangen für unsere orangenen Banknachbarn
vor. Hier lässt van Percy zwei Dänen stehen, da ein netter
Hackentrick von Robben, dort ein begeisterndes Dribbling van von
Bommel und da drüben ein Flankenwechsel mit eingesprungenem
Rittberger und einem Doppelaxel. Mit anschliessendem Rückpass an den
niederländischen van Torwart, weil es die Netherlanders spannend
machen wollen. Das alles sieht sehr schön und gefällig aus und ich
mache eine Ein-Mann-La-Ola-Welle auf der Couch nach der anderen.
Fussballspielen können sie, die Niederländer.
Die armen Dänen werden regelrecht schwindlig gespielt, bis schliesslich ein- zwei Leutchen da der Kragen platzt: ein schnörkelloser Doppelpass, ein Torschuss und die Dänen führen 1:0. Das war nicht schön, das war nicht schick, das war nicht einmal sonderlich raffiniert. Nur effektiv.
Zu weiteren Torchancen kommen die Dänen nicht, zu sehr drücken die Holländer auf die Dänendrüse und man sieht, wie hervorragend sie ihr James-Bondscoach aufgestellt hat und welche Tricks er ihnen beigebracht hat. Und ginge es um pure Fussballschönheit, die Holländer wären bereits Europameister. Nur leider geht es nach Toren. Und da haben die Dänen einen kleinen Vorsprung. Es bleibt beim 1:0 und in Amsterdam und dem Umland fliessen bittere Dänen.
Aber
zum Hauptspiel des deutschen Abends: Deutschland gegen Portugal. Die
Portugiesen sind natürlich Geheimfavorit, denn sie haben Ronaldo,
was normalerweise locker reichen würde, hätte er nicht zehn weitere
Mitspieler. Deutschland ist hier als offizieller und ganz
unheimlicher Titelfavorit natürlich krasser Aussenseiter.
Zum Spiel dann selbst: ich weiss nicht, wer die Parole ausgegeben hat, unsere Mannschaft wäre auf „Titel2012“ in irgendeiner Weise geeicht. Was wir zu sehen bekommen, ist ganz großer Fussball, verglichen mit den Leistungen der deutschen Nationalmannschaft 1976.
Im Vergleich mit 2010 spielen die Deutschen wie Gehbehinderte, was sich Özil und Khedira leisten, grenzt schon an Vaterlandsverrat. Es ist ja nicht so, dass Özil keine genialen Pässe spielen würde, nur landen die alle bei den Gegnern. Das Highlight in der ersten Halbzeit ist bezeichnenderweise Löws Suche nach lästigen Popeln. Zum Glück für Jogis „Turniermannschaft“ sind die Portugiesen nicht viel besser und nur einem Niesser von Gomez in der 70sten Minute ist es zu verdanken, dass irgendjemand Notiz von ihm nimmt und ihm auch mal einen Ball zukommen lässt, den Gomez heute ausnahmsweise mal im gegnerischen Tor unterbringt, nachdem Löw quasi als Drohung und Menetekel schon den betagten Miro Klose am Seitenrand hat herumhumpeln lassen.
Der Rest ist arger Krampf und Quark und ich drücke 5,- € ins Phrasenschwein, dass wir ja „eine Turniermannschaft“ sind. „Die Mannschaft hatte Leidenschaft“ wird Mehmet Scholl danach sagen, ich sehe nur viel Leiden und wenig Geschaff. Immerhin sind sie alle unverletzt geblieben.
Schalten Sie auch morgen wieder ein, wenn Mehmet Scholl sagt „man muss für Tore nach vorne spielen“...
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